Übergänge zu gestalten – das ist aktuell die große Herausforderung für den Bund Deutscher Blasmusikverbände. Dies machte die 67. Hauptversammlung in Geisingen deutlich. Mit Helmut Steinmann und Christoph Karle schieden zwei bedeutende Weichensteller aus, dafür zogen mit Sigrid Baumann und Claudia Weiß erstmals zwei Frauen ins Präsidium ein. Das neu zusammengesetzte Präsidium rund um den wiedergewählten Präsidenten Dr. Patrick Rapp MdL ist gut aufgestellt, um den Übergang und die anstehenden Aufgaben zu meistern.
Ein positives Signal gleich zum Auftakt: Anders als bisher begann der Sitzungstag am Samstag mit der gemeinsamen Sitzung aller Gremien. „Wir wollen den neuen Weg in der Gemeinsamkeit beginnen“, begrüßte Christoph Karle die Delegierten in der Stadthalle Geisingen und dankte im Namen des Präsidenten Dr. Patrick Rapp MdL dem Blasmusikverband Schwarzwald-Baar, der im Rahmen seines Jubiläums die Ausrichtung der Hauptversammlung übernommen hatte. Beherrschendes Thema an beiden Sitzungstagen und in allen Berichten war der im Februar eröffnete Neubau der BDB-Musikakademie. Ralph Beck reflektierte die Entstehungsgeschichte vom ersten Antrag 2015, über den Architekturwettbewerb, bis hin zur Fertigstellung des Neubaus und dem Abbruch des Altbaus auf dem Bötzen. Die Baukosten bezifferte er mit 24,025 Mio. „Damit ist der Neubau baulich und rechtlich abgeschlossen“. Er dankte dem Bauausschuss unter der Leitung von Rainer Gehri und sprach allen Mitgliedern sein Lob für den kompetenten fachlichen Austausch und die zielführenden Entscheidungen aus: „Das Ergebnis ist gelungen“, stellte er fest und im gleichen Atemzug den Antrag, mit dem heutigen Tage den Bauausschuss aufzulösen. „Das bedeutet aber nicht, dass rund um den Neubau nichts mehr passiert“, ergänzt er, wohlwissend, dass es noch eine offene Liste von wichtigen Hausaufgaben gibt, die es abzuarbeiten gilt. „Alles, was das Gebäude betrifft, wird künftig im Akademiebeirat besprochen.“ Der Akademiebeirat wurde in der zurückliegenden Periode installiert. Er setzt sich aus Vertretern der Akademieleitung und Online-Kurse, dem Finanzausschuss und Musikbeirat sowie der Bläserjugend zusammen und berät und entscheidet über das Kursangebot sowie die Ausrichtung des Bildungsbetriebs.
Der Blasmusikverband Schwarzwald-Baar und die Stadt Geisingen waren perfekte Gastgeber und die Stadthalle Geisingen der ideale Tagungsort für die 67. BDB-Hauptversammlung.
Die neue BDB-Musikakademie: „Eine Entwicklung, die beflügelt“
Dass sich die Gäste, Besucherinnen und Besucher wohlfühlen, sei vor allem ein Verdienst von Christoph Karle und Helmut Steinmann, betonte Rainer Gehri. „Es war wichtig, dass im Bauausschuss alle mit im Boot waren, vor allem die, die das Gebäude betreiben.“ Akademieleiter Christoph Karle konnte anschließend darlegen, dass das Haus hervorragend funktioniere und der Bildungsbetrieb gut im neuen Haus angekommen sei. „Im satzungsgemäßen Auftrag sind wir schon im ersten Jahr auf der Zielgeraden und erfüllen ihn jetzt schon“, sagte Karle. „Die Musikerinnen und Musiker sind begeistert und es gibt sehr viel positive Resonanz.“ Auch in den Landesmusikverband hinein habe der Akademieneubau viel Strahlkraft entwickelt. „Die Partnerverbände aus dem LMV haben bei uns ebenfalls ein Zuhause für ihre Fortbildung gefunden“, betonte Karle. So waren unter anderem schon der Bund Deutscher Zupfmusiker mit seinem Gold-Kurs sowie der Badische Chorverband mit seiner Chor-Jugend-Academy in der neuen BDBMusikakademie zu Gast. Viele weitere Verbände des Landesmusikverbandes haben sich für 2025 schon eingebucht. Die Fotos von den Festivals und Highlights aus dem Eröffnungsjahr unterstreichen dies lebhaft. Und auch die Zahlen sprechen dieselbe Sprache. Mit den Teilnehmerzahlen habe man das Vor-Corona-Niveau erreicht und mit sehr vielen Bildungsteilnehmenden sogar übertroffen „Der Bildungsbetrieb ist bereits im ersten Jahr in vollem Betrieb. Das ist eine Entwicklung, die mich enorm beflügelt“, freute sich Karle. Damit hat der Bildungsbetrieb als zentrale Säule des BDB nahezu schon sein Maximum erreicht. „Die Einnahmen aus den Teilnahmegebühren werden auch in Zukunft in etwa gleichbleiben. Viel mehr eigene Bildungsveranstaltungen des BDB wird es nicht geben können“, führte er aus. Wachsen müsse hingegen und insbesondere der Gastgruppen-Bereich.
Die Sparte Tagung & Konferenz ist gut angelaufen: 50 % Auslastung für 2025 anvisiert
Hier wurde im ersten Jahr eine Auslastung von 40 % erzielt. Durch den Umzug in den Neubau hat die Sparte Tagung & Konferenz des BDB-Kulturhotels schon im ersten Jahr 60 % Neukunden gewonnen. „Das BDB-Kulturhotel als Tagungshotel für z. B. das Regierungspräsidium Freiburg, für Lehrerfortbildungen und Fortbildung von Paritätischen Wohlfahrtsverbänden ist enorm gut angelaufen. „Das gibt uns die Gewissheit, dass diese Säule wachsen wird.“ Für 2025 visiert er eine Auslastung von 50 % und für 2026 von 60 % an. Um diese Ziele zu erreichen und die Wirtschaftlichkeit zu verbessen, wurde ein Maßnahmenkatalog angelegt und zielgerichtet mit Werbekampagnen begonnen, die sich an Gewerbeund Wirtschaftsverbände richten sowie an Universitäten, Stiftungen und Institutionen adressieren. „Gemeinsam mit mit vielen Partnern sind wir auf dem Weg, um das Haus – gerade in den Belegungslücken – zu befüllen.“ Dass das neue Haus einen gewissen Anlauf brauchen würde, war auch Bundesrechner Ralph Beck klar. In den Jahresabschlüssen macht sich das bemerkbar. Die Umzugsund Abbruchkosten sowie der Anlauf in einem wirtschaftlichen Anlaufjahr schlagen in der Gewinnund Verlustrechnung genauso zu Buche wie die krisenbedingten Baukostensteigerungen und die Zinssteigerungen für die Zwischenfinanzierung. „Wir haben Personal eingestellt, um den Umzug und die ersten Großveranstaltungen im neuen Haus zu stemmen, im ersten Jahr viele Sonderveranstaltungen durchgeführt – jetzt gilt es, zusätzliche Belegungen zu generieren.“ Um die Lohnkosten zu reduzieren, werden definierte Standards umgesetzt und Routinen gefestigt, cloudbasierte Software zur Entlastung von Arbeitsabläufen und Verbesserung der Effizienz eingeführt sowie Personal sinnvoll eingespart. „Wir werden die Maßnahmen Schritt für Schritt abarbeiten und so für die nötige Auslastung des neuen Kulturhotels sorgen“, kündigte Karle an.
Übergänge im Präsidium aus Verantwortung für den Neubau
Dass auch im Präsidium des BDB langjährige und verdiente Amtsinhaber gleichsam „in Rente gehen“ oder ausscheiden, ist eigentlich eine ganz normale Entwicklung. Nicht aber, wenn es den geschäftsführenden Präsidenten Christoph Karle, der in den vergangenen 20 Jahren die Entwicklung von Verband und Akademie maßgeblich geprägt hat, betrifft. Seine Entscheidung nach 20 Jahren das Ehrenamt des geschäftsführenden Präsidenten abzugeben, begründete Karle mit der Fokussierung auf den Betrieb von BDB-Musikakademie und BDB-Kulturhotel. „Wenn ich als Trompeter die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach spielen will, muss ich mich fokussieren und konzentrieren. So ist es auch mit der neuen BDB-Musikakademie. Sie benötigt meine gesamte Aufmerksamkeit und ich werde dafür sorgen, dass sie aufblüht. Weiter erklärt Christoph Karle die Übergabe seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in weitere Hände nicht ohne zu betonen: „Aber bin nicht weg, sondern weiterhin zu 150 Prozent für den BDB da.“ Und wer ihn kennt, der weiß, dass das keine leeren Worte sind, der weiß aber auch, dass Christoph Karle, wie Rainer Gehri unterstrich „nicht 1:1 zu ersetzen ist“. Angesichts dieser veränderten Ausgangssituation für die bevorstehenden Wahlen hat sich Klaus-Peter Mungenast zusammen mit den weiteren Vizepräsidenten um die Neubesetzung gekümmert. „Auch wir spüren die Verantwortung für den Neubau und wollten das Präsidium in dieser Übergangsphase zukunftssicher aufstellen“, bekundete Mungenast. Wie die beiden Positionen – gemeinsam mit Christoph Karle schied auch Helmut Steinmann aus dem Amt des Vize-Präsidenten aus – neu besetzt und die Aufgaben von Christoph Karle verteilt werden, darüber begann sich das Präsidium im Frühsommer 2024 Gedanken zu machen. „Wir wollen weiblicher und jünger werden“, gab Klaus-Peter Mungenast als Zielsetzung für die Neubesetzung aus. Mit Sigrid Baumann und Claudia Weiß wurden zwei engagierte Verbandsverantwortliche gefunden, die diese Erwartungen erfüllen und in ihren Verbänden seit vielen Jahren unter Beweis stellen, wie sehr ihnen die Blasmusik und das Ehrenamt am Herz liegen. Nachdem zwei Kandidatinnen für die vakanten Posten gefunden waren, wurde ein Konzept erstellt, in dem die Vize-Präsidentinnen und Präsidenten Aufgaben übernehmen, die vom Präsidium festgelegt werden. „Wir sind im BDB immer gut damit gefahren und erfolgreich damit gewesen, dass wir die Aufgaben kollegial verteilt haben“, betont Mungenast. Zusätzlich wurde eine Satzungsänderung auf den Weg gebracht, die die Anzahl der Vizepräsidenten auf fünf erhöht und – um den Aufgaben des Bundesrechners gerecht zu werden – das Amt des Bundesrechners aufwertet und umbenennt in Vize-Präsident Finanzen. Ziel all dieser Maßnahmen: Wir wollen nicht plötzlich zwei Abteilungen haben, weil der Brückenbauer Christoph Karle fehlt, sondern deutlich signalisieren: „Wir sind ein BDB und das Präsidium in seiner Gesamtheit verantwortlich für die Führung des Verbandes“, so Klaus-Peter Mungenast. Das von KlausPeter Mungenast vorgestellte Personalkonzept mündete schließlich in Wahlen. Sie gingen reibungslos über die Bühne. In offener Wahl wurden alle Präsidiumsmitglieder mit der Führungsspitze Präsident Dr. Patrick Rapp MdL einstimmig ins Präsidium des BDB gewählt. Für die Zukunftsentwicklung in Verband und Akademie ist der Bund Deutscher Blasmusikverbände damit nun sehr gut aufgestellt. „Wir alle, die wir heute hier oben auf dem Podium sitzen, saßen auch einmal da unten!“, gab Klaus-Peter Mungenast den Delegierten anschließend mit auf den Weg und erklärte die Personalsuche auch für 2026 für weitere Neubesetzungen„hiermit für eröffnet“.
Martina Faller
Die Berichterstattung zur 67. Hauptversammlung des BDB wird in der Januar-Ausgabe fortgesetzt.
Den Beitrag „Die ersten Frauen im Präsidium“ findet Ihr hier.