Das Querwind-Festival für Flöte der BDB-Musikakademie setzt in diesem Jahr ein starkes Zeichen für Komponistinnen. Dies spiegelt sich auch in den Konzertprogrammen wider. Gleich drei Konzerte am Donnerstag, 29. und Freitag, 30. Mai rücken das kompositorische Schaffen außergewöhnlicher Frauen von der Barockzeit bis zur Moderne in den Fokus und bringen verborgene Schätze auf die Bühne.
„In klassischen Konzerten werden immer noch zu wenig Werke von Komponistinnen gespielt“, sind Rudolf Döbler und Robert Pot überzeugt. Die beiden künstlerischen Leiter des Flötenfestivals „Querwind“ der BDB-Musikakademie wollen dem entgegenwirken und dem oft vernachlässigten Repertoire von Frauen eine Bühne bieten. Das diesjährige Flötenfestival widmet sich deshalb in einem Themenschwerpunkt Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis heute und ihren Werken – aus gutem Grund. „Die Entdeckung und Erarbeitung von Werken weiblicher Komponisten lohnt sich“, wissen die beiden Profi-Flötisten. Nicht nur Flötistinnen und Flötisten können mit Werken von Komponistinnen das eigene Repertoire und ihren Horizont erweitern. Auch für das Konzertpublikum kann die Auseinandersetzung mit Kompositionen von Frauen zur Offenbarung und spannenden Entdeckung werden. Beide Querwind-Konzerte werden deshalb ganz im Zeichen von komponierenden Frauen stehen und die Vielfalt und Ausdruckskraft weiblichen Komponierens unter Beweis stellen. Dass Clara Schumann nicht nur als Pianistin, sondern auch als Komponistin tätig war, ist allgemein bekannt. Viele andere Komponistinnen indes gilt es für das Konzertpublikum noch zu entdecken. Mélanie Bonis ist eine solche Entdeckung. Mit ihren Werken – meist unter Pseudonym veröffentlich – errang sie Preise, gewann Wettbewerbe und versetzte sowohl Kritiker als auch Jurys in Staunen, die es kaum glauben konnten, dass eine Frau in der Lage ist, Musik so hoher Qualität zu erschaffen. Dennoch blieben ihre Werke von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet – bis heute. Anna Bon di Venezia erging es nicht anders. Zwar ist sie privilegiert in einer Künstlerfamilie aufgewachsen und konnte bereits mit vier Jahren ihre musikalische Ausbildung im Ospedale della Pietà in Venedig aufnehmen, wo namhafte Lehrer wie Francesco Gasparini oder Antonio Vivaldi unterrichteten. Mehr noch und das ist fürs 18. Jahrhundert bemerkenswert: Nach ihrer Ausbildung fand sie unter anderem in Bayreuth eine Anstellung und komponierte für den dort regierenden Fürsten Sonaten und Divertimenti im sogenannten galanten Stil. Als Sängerin und Instrumentalistin erscheint ihr Name immer wieder auf Gehaltsabrechnungen. 1767 jedoch verlieren sich ihre Spuren und bis heute ist unklar, was aus der noch jungen Anna Bon di Venezia geworden ist. Hat sie geheiratet und einen neuen Namen angenommen? Oder verstarb sie bereits in jungen Jahren? Anna Bons Lebensschicksal steht für das vieler Komponistinnen: Trotz Talent und guter Ausbildung wurde sie von der Lebenswirklichkeit einer Frau eingeholt. Auch Clémence de Grandval sah sich deshalb gezwungen, ihre Kompositionen weitgehend unter Pseudonym zu veröffentlichen. Die Schülerin von Frédéric Chopin, Friedrich von Flotow und Camille Saint-Saëns komponierte Opern, Kantaten, Lieder, Chöre und Kammermusik und hinterließ auch Werke für Flöte. Dass eines davon auch beim diesjährigen Querwind-Festival erklingt, versteht sich gleichsam von selbst. Tatjana Ruhland, Solo-Flötistin des SWR-Sinfonieorchesters und Professorin an der Musikhochschule Mannheim präsentiert beim Querwind-Meisterkonzert das Finale „Allegretto moderato“ aus ihrer Suite für Flöte und Klavier. Dem Werk von Anna Bon di Venezia widmet sich anschließend Anna Dina Björn-Larsen, Professorin für Flöte an der Musikhochschule Hannover, bevor der Solo-Flötist und Professor der Musikhochschule Münster Eyal Ein-Habar die 3 Romances op.22 von Clara Schumann intonieren wird. Werke von Mélanie Bonis bilden sowohl im Meisterkonzert als auch im Eröffnungskonzert einen Schwerpunkt und bieten dieser Komponistin und ihren Werken eine Öffentlichkeit, die ihnen zu ihren Lebzeiten verwehrt wurde. So werden Rudolf Döbler und Robert Pot im Eröffnungskonzert ihre Sonate für Flöte und Klavier und die dreisätzige Suite en Trio op. 59 sowie Tatjana Ruhland im Meisterkonzert das Scherzo op. posth. 187 „Final“ zum Klingen bringen. Von den Komponistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts schlägt Carin Levine in ihrem Kurzkonzert am Donnerstag einen Bogen zu zeitgenössischen Komponistinnen. Mit Werke von Younghi Pagh-Paan, Keiko Harada und Marie Leinpinsel wird die renommierte Flötistin und anerkannte Spezialistin für Neue Musik meisterlich unter Beweis stellen, wie nachhaltig die Musik von Frau die Konzertlandschaft bereichern und neue, spannende Hörerfahrungen ermöglichen.