Es ist das „Worst Case-Szenario“ eines jeden Vereins: Der oder die Hauptverantwortliche verstirbt im Amt und nimmt das ganze Wissen und den großen Erfahrungsschatz gleichsam mit ins Grab. Damit dieser „Worst Case“ nicht eintritt, gilt es rechtzeitig Führungspersonal zu entwickeln und die Übergänge sorgsam zu gestalten. Beim Musikverein „Spessartklang“ Hobbach ist das geglückt.

„Zum großen Glück ist bei uns niemand verstorben“, betonte Dennis Zimmermann. „Mein Vorgänger ist immer noch da und ich kann ihn immer noch fragen.“ Mehr noch: Gerhard Rüth, der 18 Jahre lang die Geschicke des Vereins gelenkt hat, hilft im Verein immer noch mit, erfüllt feste Aufgaben wie etwa die Gratulationsbesuche bei runden Geburtstagen und Beileidsbekundungen bei Sterbefällen der passiven Mitglieder und unterstützt so das Vorstandsteam. Die Aufgabenverteilung ist beim Musikverein „Spessartklang“ Programm. Und das geht so weit, dass sich über die Hälfte der Musikerinnen und Musiker, nämlich rund 65 % im Vorstand engagieren. Die Einbeziehung eines Großteils der Musikerinnen und Musiker in die Vorstandsarbeit führt nicht nur zu einem guten Zusammenhalt und dazu, dass sich, wie Dennis Zimmermann berichtete, „jeder verpflichtet fühlt“. Vielmehr verteilen sich so die Aufgaben auf mehrere Schultern. „Das macht es leichter, wenn es etwas zu organisieren gilt“, findet er. Für Dennis Zimmermann war die Aufgabenverteilung letztlich die Voraussetzung dafür, dass er Anfang des Jahres das Amt des ersten Vorsitzenden im Musikverein Hobbach übernahm.

Aufgabenverteilung als Voraussetzung

Hobbach ist ein kleines, malerisches Dorf im Landkreis Miltenberg im Spessart/Unterfranken mit nicht einmal 800 Einwohnern. Groß ist auch der Musikverein nicht. Er zählt zwischen 20 und 25 Aktive in seinen Reihen, bestreitet aber die meisten Auftritte und Termine – im vergangenen Jahr immerhin 68 an der Zahl – aus eigener Kraft und trägt mit zahlreichen Veranstaltungen zum kulturellen und geselligen Leben des Spessartdorfes bei. Den Verein zeichnet sich nicht nur durch einen guten Zusammenhalt, sondern auch durch eine große Kontinuität in der Vereinsführung aus: Der ausgeschiedene Vorsitzende Gerhard Rüth kann auf 38 Jahre Vorstandsarbeit, darunter 18 Jahre als 1. Vorsitzender zurückblicken. Mit 26 Jahren als 2. Vorsitzender steht ihm sein Stellvertreter Gerhard Fersch nur wenig nach. Beider Rückzug von den verantwortungsvollen Posten hatte sich indes seit Jahren angebahnt. Spätestens seit Gerhard Rüth 2020 zum Bürgermeister von Markt Eschau von der Gemeinde gewählt wurde, der auch Hobbach angehört. Mit der beruflichen Veränderung ging einher, dass Gerhard Rüth nicht mehr so viel Zeit für das ehrenamtliche Engagement hatte.

Schon damals hatte Rüth Dennis Zimmermann angesprochen und ihn gefragt, ob er es sich nicht vorstellen könnte, das Amt des 1. Vorsitzenden zu übernehmen. Seit 2011 war Dennis Zimmermann in der Jugendleitung und seit 2019 als aktiver Beisitzer im Vorstand des Musikvereins tätig und hatte sich so schon seine Sporen in der Vereinsführung verdient. Trotzdem war er zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bereit dafür, in einem zweiten Verein die Hauptverantwortung zu übernehmen. Schließlich war er bereits erster Vorsitzender eines Modellsportvereins und wollte sich nicht übernehmen. Vielmehr wollte er zunächst die Umstrukturierung des Vorstands und Verteilung der Aufgaben abwarten – ein Prozess, der 2019 begann und mit der Wahl von Gerhard Rüth zum Bürgermeister noch an Bedeutung gewann.

Stabübergabe beim MV Spessartklang Hobbach: Alexander Schäfer, Gerhard Fersch, Gerhard Rüth, Dennis Zimmermann

Nach jahrzehntelangem Engagement in der Vereinsführung legten Gerhard Fersch und Gerhard Rüth (Mitte) die Verantwortung in die jüngeren Hände von Alexander Schäfer (links) und Dennis Zimmermann (rechts).

So wie er selbst als aktiver Beisitzer, haben auch andere Vereinsmitglieder im Laufe dieser Entwicklung mehr Aufgaben übernommen. Als sich die Hauptversammlung näherte und sich Dennis Zimmermann mit Alexander Schäfer und Julia Fersch zusammensetzte, um zu überlegen, ob sie sich gemeinsam die Vereinsführung zutrauen, konnten sie feststellen: Die meiste Arbeit machen sie ohnehin schon und die Aufgaben sind gut verteilt.

Die Ergebnisse der Wahl bei der Hauptversammlung im Januar 2025 spiegeln das gut wider: Neben Dennis Zimmermann (1. Vorsitzender), Alexander Schäfer (2. Vorsitzender), Julia Fersch (Schriftführerin) und Ursula Fersch (Kassiererin) engagieren sich vier Personen in der Jugendleitung und weitere vier im Vergnügungsausschuss. Zusätzlich gibt es zwei aktive Beisitzer sowie zwei Vertreter der fördernden Mitglieder. Dass die beiden ehemaligen Vorsitzenden nicht komplett aus der Verantwortung ausscheiden, sondern Gerhard Fersch als aktiver Beisitzer weiter dem Vorstandsteam angehört und auch Gerhard Rüth weiterhin Aufgaben für den Verein übernimmt, erleichtert den Übergang und sorgt für Kontinuität.

Übergang und Kontinuität

Dass es auf Kontinuität ankommt, das ist Dennis Zimmermann bewusst. Nachdem sein Vorgänger 18 Jahre und derjenige von Alexander Schäfer sogar 26 Jahre im Amt war, rechnet auch er mit einem längerfristigen Engagement an der Vereinsspitze – schon aus Verantwortung. „Das ist wichtig, damit es stabil weiterläuft!“, findet er. Zu seinen Hauptaufgaben zählt er es deshalb, rechtzeitig jüngere Vereinsmitglieder in den Vorstand zu holen und sie ihren Stärken entsprechend einzusetzen. „Im Verein ist es nicht wie in einer Firma“, führt er aus. „In einer Elektrofirma haben in der Regel alle die gleiche Ausbildung und die gleichen Kenntnisse und fachlichen Voraussetzungen. Im Verein ist das ganz anders. Da ist es total gemischt und vom Handwerker bis zum Akademiker ist alles vertreten.“ Da sei Menschenkenntnis gefordert, um zu sehen, wem er welche Aufgabe im Verein zuteilen könne und beim wem sich Führungsqualitäten herauskristallisieren.

Doch dazu braucht es Nachwuchs für den Verein. Hier sieht Zimmermann die größte Herausforderung: die Jugend an den Verein zu binden und dafür zu sorgen, dass die Jugend bleibt – damit auch er irgendwann einen adäquaten Nachfolger oder eine geeignete Nachfolgerin findet.

Martina Faller