Die Gründung der Postwirtmusi war ein echter Glücksfall. Jeder einzelne Ton macht die enorme Leidenschaft der sieben Musiker für die Volksmusik, aber auch die Neugier spürbar, zuweilen (Genre-)Grenzen und Hörgewohnheiten zu überschreiten. Die außergewöhnliche Formation bereichert seit 2018 die blechbläsergesättigte Szene mit einem unverwechselbaren Sound und sorgt sowohl akustisch als auch optisch für ein einzigartiges Erlebnis.

Für ein Gespräch mit Marie-Theres Fehringer, der Harfenistin der Postwirtmusi, muss man nicht nur den Bleistift, sondern auch die Ohren spitzen. Im breitesten Österreichisch erzählt sie die Geschichte der Postwirtmusi. Und da fallen Worte, wie „Partie“ und „bradeln“, die mein badischer Musiker-Wortschatz nicht kennt. Zum Glück gibt es im Internet ein „Österreichisch-Wörterbuch und da wird „Partie“ mit „Gruppe“ übersetzt. Das hatte ich mir fast schon gedacht. Aber was hat es mit dem „Bradeln“ auf sich? „Wir haben uns beim Bradeln beim Festival ‚Drumherum‘ in Regen im Bayrischen Wald kennengelernt. Da bradelt jeder mit jedem“, berichtet Marie-Theres, genannt Resl. Okay, ich habe da so eine Ahnung, die in die Richtung von „gemeinsam musizieren“ geht. Doch ich will es genau wissen, greife erneut zum Wörterbuch und da ist unter „bradeln“ folgender Eintrag zu finden: „bradeln, Bradlgeiger: musizieren, um als Gage eine warme Abendmahlzeit zu erhalten. Das Wort „Bradlmusi“ kommt von den „Bradlgeigern“, die früher beim Wirt für ein Bratl – einen Braten – zur Unterhaltung aufspielten“. Und da sind wir … mittendrin im Wirtshaus – dem Kosmos der „Postwirtmusi“.

Im Wirtshaus steht ihre Wiege, dort fühlen sich die sieben Musiker zu Hause und deshalb tragen sie das Wirtshaus auch im Namen. Dass das Wirtshaus „Zur Post“ zum Namensgeber für die neue Partie wurde, das liegt ganz unspektakulär daran, dass „wir eine unserer ersten Proben beim Wirt „Zur Post“ in Mauterndorf/Salzburg abgehalten haben“, berichtet Marie-Theres. Dem Wirtshaus als Probenlokal ist die Formation treu geblieben. Als ich mich mit Marie-Theres zum vereinbarten Telefonat treffe, ist sie gerade vom Probenwochenende aus Kilb in Niederösterreich zurückgekommen. „Wir haben dort in einem ganz urigen Wirtshaus geprobt – mit einem großartigen Flair, der wunderbar zu uns passt“, schwärmt sie. Geprobt wurde für den Winter-Woodstock der Blasmusik, der Ende März in Brixen im Thale/ Österreich stattfand. Und dort, wo in Skihütten, Stadln und Wirtshäusern musiziert wird, ist die Postwirtmusi mit ihrer Mischung aus schwungvollen Märschen, groovigen „Boarischen“, wunderschönen Walzern und flotten Polkas, die dem Oberkrainerischen gefährlich nah kommen, genau richtig. Was aber nicht heißt, dass die Postwirtmusi nicht auch auf den Bühnen großer Festivals bestehen könnte. Immerhin hat die Postwirtmusi auch schon auf dem Sommer-Woodstock gespielt und diesen Sommer sind sie in Südtirol auf dem Festival „Brass Pyramide“ zu Gast. Brass? Das Fragezeichen ist berechtigt. Mit Hannes Bauer und seiner Basstrompete ist zwar ein Blechblasinstrument im Ensemble vertreten, grundsätzlich aber versteht sich die Postwirtmusi als Holzbläser-Formation und hat sich bewusst als solche formiert. Zusammengefunden haben sich die sieben Musikanten wie gesagt 2018 beim Festival „Drumherum“ in Regen/Bayern. „Dort bradelt jeder mit jedem. Jeder kennt jeden irgendwie mehr oder weniger und dort ist bei den Klarinettisten Fidi, Fredl und Michl die Idee entstanden, eine Klarinettenmusik zu gründen“, berichtet Resl. Verstärkung haben sie sich aus ihrem musikalischen Freundeskreis geholt, allesamt in der Szene keine Unbekannten und allesamt schon länger mit anderen Partien unterwegs. Auch Resl war mit einer anderen Partie in Regen/Bayern beim Festival und traf dort mit den anderen zusammen. „Uns hat es förmlich zusammengewürfelt“, lacht sie.

Namentlich besteht die Postwirtmusi heute aus den drei Klarinettisten Frederic Alvarado-Dupuy, Michael Dumfort und Christoph Bamschoria, der kürzlich für Gründungsmitglied Fidi alias Vigelius Edelmann nachgerückt ist, Anton Mooslechner an der Harmonika sowie Marie-Theres Fehringer an der Harfe, Hannes Bauer an der Basstrompete und Johannes Eder am Kontrabass. „Sieben eigene Typen und Charaktere“, wie Marie-Theres lachend feststellt. Fast alle sind beruflich mit Musik unterwegs und mit sprühender Kreativität, großer Musikalität und einer gehörigen Neugierde ausgestattet, auch über den Tellerrand der alpenländischen Musik hinauszublicken. Das Wichtigste aber: „Vom Groove und Musizieren her hat es sofort gepasst“. Mehr noch: Die sieben Musikanten teilen die Leidenschaft für die Volksmusik und die Freude am gemeinsamen Musizieren. Und der Zeitpunkt war günstig für eine Holzbläserformation. „Die Szene war eh schon blechbläsergesättigt“, bekundet Resl – gute Voraussetzungen also für die Postwirtmusi, hätte die Corona-Pandemie der jungen Formation nicht einen Dämpfer versetzt. „Wir haben sieben Jahre durchgehalten und wollen jetzt richtig durchstarten“, betont sie. Inzwischen standen sie schon im Wiener Konzerthaus, im Oval in Salzburg und zweimal beim Woodstock der Blasmusik auf der Bühne und sind schon im Fernsehen aufgetreten. „Ich kann es manchmal gar nicht fassen, wo wir schon überall gespielt haben“, freut sich Resl. „Es ist ein Glück und Privileg, dass wir in den unterschiedlichsten Settings spielen dürfen – vom Bierzelt über das Konzerthaus bis hin zum Festival.“ Das liegt auch am Programm und der guten Mischung, ist sie sich sicher. „Da ist für jedes Musikantenherz etwas dabei.“ Auf die Setliste kommt nämlich nur „das, was uns taugt und a Fraid macht und anderen Leut‘ a taugt und a Fraid macht“. Eine typische „Partydanzl-Musi“ ist die Postwirtmusi dem eigenen Selbstverständnis nach trotzdem nicht, auf der Bühne „Rambazamba machen und selber eine gute Zeit haben“, das wollen die sieben Musikanten aber gleichwohl. Und wenn die Klarinetten juchzen, die Harmonika groovt, Harfe, Kontrabass und Basstrompete den Rhythmus antreiben, dann ist das nicht nur eine wahre Freude für Augen und Ohren. Dann fällt es auch schwer, sitzen zu bleiben und die Füße still zu halten. Da hüpft das Herz und im Gesicht breitet sich von ganz allein ein Grinsen aus. Und dann, ganz unversehens, und ganz egal, wo das Konzert der Postwirtmusi stattfindet, wird es zur Wirtshaus-Gaudi und Bratenduft liegt in der Luft.

Martina Faller