In klassischen Konzerten werden immer noch zu wenig Werke von Komponistinnen gespielt. Rudolf Döbler und Robert Pot, die beiden künstlerischen Leiter des Flötenfestivals Querwind, wollen dem entgegenwirken. Das diesjährige Flötenfestival widmet sich deshalb in einem Themenschwerpunkt Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis heute und ihren Werken – aus gutem Grund.

Denn die Entdeckung und Erarbeitung von Werken weiblicher Komponisten lohnt sich. Offenbaren sie doch viele neue Möglichkeiten, das eigene Repertoire zu erweitern, den Horizont zu erweitern und neue Werke kennenzulernen. Besonders im Bereich der Orchester-,Klavier- und Gesangsliteratur sind bereits zahlreiche Stücke von Komponistinnen bekannt. Im Repertoire anderer Instrumente hingegen gibt es noch viele blinde Flecken. Dabei gibt es auch für Querflöte spannende Werke von Komponistinnen zu entdecken – wie die nachfolgend ausgewählten Künstlerinnen eindrücklich unter Beweis stellen.

Anna Bon di Venezia (1738–ca. 1767)

Die in Bologna geborene Anna Bon begann bereits mit vier Jahren ihre Ausbildung im Ospedale della Pietà in Venedig, wo namhafte Lehrer wie Francesco Gasparini oder Antonio Vivaldi unterrichteten. Nach ihrer Ausbildung reiste sie mit ihren Eltern und fand unter anderem in Bayreuth eine Anstellung. Für den dort regierenden Fürsten, der selbst Unterricht bei Michel Blavet und Johann Joachim Quantz nahm, komponierte Anna Bon 1756 die „VI Sonate da Camera per il Flauto traversiere con Cembalo o Violoncello“, auf dessen Titelseite sie zum ersten Mal den Zusatz di Venezia ihrem Namen beifügt. Weiterhin komponierte sie sechs Sonaten für Cembalo und „Sei Divertimenti a Due Flauti e Basso“. 1762 wird die Familie Bon bei Fürst Nikolaus von Esterhazy angestellt, sodass Joseph Haydn Annas neuer Dienstherr wird. Als Sängerin und Instrumentalistin erscheint ihr Name immer wieder auf Gehaltsabrechnungen. 1767 verlaufen diese allerdings, sodass unklar ist, was aus der noch jungen Anna Bon di Venezia geworden ist. Hat sie geheiratet und einen neuen Namen angenommen? Oder verstarb sie bereits in jungen Jahren?

Leopoldine Blahetka (1809 –1885)

Bis zur Geburt der nächsten Komponistin, vergingen einige Jahre. Während bei Anna Bon nicht nur wenige Informationen zu ihrem Leben noch existieren, sondern auch nur vereinzelte Werke erhalten sind, komponierte die folgende Künstlerin 70 Werke – von Walzern über Lieder bis zu Orchesterstücken.

Leopoldine Blahetka wurde in Guntramsdorf bei Wien in die Zeit der Klassik, die besonders durch Mozart, Haydn und Beethoven, mit dem sie später auch in Kontakt stand, geprägt wurde, geboren. Neben ihrer Mutter unterrichteten sie u. a. Joachim Hoffmann, Katharina Cibbini-Koželuch, Josef-Czerný und kurzzeitig auch Ignaz Moscheles.

Leopoldine Blahetka, Komponistin für Querflöte

Besonders in Wien und Prag gab sie erfolgreiche Konzerte und spielte ab 1825 auch in Deutschland, England, den Niederlanden und Frankreich. Ab 1833 lebte Leopoldine Blahetka in Boulogne-sur-Mer als geschätzte Komponistin, Pianistin und Musikpädagogin. Ihre Beerdigung zog zahlreiche Menschen an, die ihr aus Wertschätzung gedenken wollten. Die ca. 1835 geschriebenen Variationen für Flöte und Klavier op. 39 spielen mit eleganten Wechseln zwischen den Instrumenten und setzen beide gekonnt in den Fokus. Das tänzerische Thema erklingt mal verspielt, dann flott oder aber auch verhalten und gefühlvoll.

Cécile Chaminade, Komponistin für Querflöte

Cécile Chaminade (1857–1944)

Knapp ein halbes Jahrhundert später wurde eine besonders in der Flötenwelt bekannte Komponistin geboren, die zu Lebzeiten eine solche Bekanntheit erreichte, dass sogar Toilettenartikel mit ihrem Namen und Postkarten mit ihrem Porträt produziert wurden. Die Rede ist von Cécile Chaminade. Die Pariserin stammt aus einer Seefahrerfamilie. Sie erlernte das Klavierspiel und bekam beispielsweise von Benjamin Godard Privatunterricht in Kontrapunkt und Harmonielehre. Ihre Kompositionskarriere begann bereits mit acht Jahren. Zu dem Zeitpunkt widmete sie sich der Komposition von geistlichen Werken.

1879 trat sie der Société Nationale de Musique bei. Die Veröffentlichung des Liedes „L’Anneau d’argent“ im Jahr 1891 erzielte eine Auflagenhöhe von 200.000 Exemplaren. 1889 trat sie aus der Société Nationale aus. Kurze Zeit danach reiste sie oft nach England und spielte vor allem in London viele Konzerte. Am 28. Juni 1894 empfing Königin Victoria sie. Cécile Chaminade konzertierte fortan auch im Balkan, der Türkei, in Belgien, Deutschland und der Schweiz. 1907 durfte sie ein Konzert in der Carnegie Hall in New York spielen. In der Nachkriegszeit musste sie ihren Besitz verkaufen und zog sich 1937 nach Monte Carlo zurück. Cécile Chaminades Werkverzeichnis umfasst u. a. zahlreiche Lieder und Kammermusikwerke.

Das in der Flötenwelt wohl bekannteste Werk Chaminades ist das 1902 als Auftragskomposition des Konservatoriums in Paris entstandene Concertino op. 107. Auch in der Blasmusikszene hat sich dieses Werk in der Fassung für Flöte und sinfonisches Blasorchester bereits etabliert und wird gerne gespielt.

Grete von Zieritz (1899–2001)

Eine weitere Komponistin, die die österreichische Hauptstadt hervorgebracht hat, ist Grete von Zieritz. Die Wienerin war Schülerin für Klavier bei Hugo Krömer und Roderich von Mojsisovics für Komposition. Nach ihrer musikalischen Reifeprüfung 1917 begab sie sich nach Berlin, wo sie ihre Fähigkeiten am Klavier vertiefte. Bereits ab 1919 unterrichtete sie dort am Sternschen Konservatorium. Von 1926 bis 1931 bildete Franz Schreker sie weiter in Komposition aus. 1928 erhielt sie den Mendelssohn-Staatspreis und gewann von der Colombia Phonograph Company in New York das Schubert-Stipendium.

Grete von Zieritz, Komponistin für Querflöte

Während ihrer durchaus weiten Konzertreisen führte sie oftmals ihre eigenen Werke auf. Der Titel Professor wurde Grete von Zieritz 1958 durch den österreichischen Bundespräsidenten verliehen.

Ihr Werkverzeichnis beinhaltet zahlreiche Kammermusikwerke. Besonders außergewöhnliche Kombinationen der Instrumente, hauptsächlich bei Bläsern, hatten für sie einen Reiz. Hingegen widmete sie sich der durch Schönberg beeinflussten Abwendung von der Tonalität nicht. Grete von Zieritz komponierte u. a. das „Konzert für Flöte, Klarinette, Fagott und großes Orchester“, das „Gifhorner Konzert für Flöte, Harfe und Streichorchester op. 68“ und die „Bilder vom Jahrmarkt“ für Flöte und Klavier. Letzteres besticht durch abwechslungsreiche Melodien, die verspielt und emotional durch die Klänge der beiden Instrumente in vier Sätzen präsentiert werden. Bereits mit dem ersten Satz „Nur immer hereinspaziert, meine Herrschaften“ entsteht das musikalische Bild eines turbulenten Besuchs auf dem Jahrmarkt.

Marie Leinpinsel