Von Indien über Afrika bis New York, Klaus Graf war schon überall. Der Saxophonist hat sich mit Leib und Seele dem Jazz und seiner Verbreitung verschrieben – ob nun selbst aktiv beim Musizieren, als künstlerischer Leiter des LaJazzO Baden-Württemberg oder als Professor.
Ein Interview mit Klaus Graf auszumachen, ist nicht einfach – zwischen der Indienreise des Landesjugendjazzorchesters, der Konzerttour und dem Unterricht an der Musikhochschule Nürnberg ist nicht mehr viel Platz. „Gerade zu Semesterbeginn ist es ein ziemlicher Spagat zwischen dem Unterrichten auf der einen Seite und der Arbeit in und mit Orchestern auf der anderen Seite“, gibt er lächelnd zu. Dennoch macht er es sehr gern, da alle Bestandteile seiner Arbeit für ihn Teil des großen Ganzen sind: Die Verbreitung und Bekanntmachung des Jazz in all seinen Formen. „Ich werde nie vergessen, woher ich komme“, erklärt er, „aus der Jazzförderung. Ohne die hätte ich es nicht dorthin gebracht, wo ich heute bin. Daher möchte ich so viele Kinder wie möglich mit Jazz in Kontakt bringen.“ Seine ersten Berührungspunkte mit Jazz hatte der Saxophonist in der Schulzeit, als er in einer Jazzband anfing und dann in einer Big Band mitspielen durfte. „Als ich das erste mal diese Energie in der Big Band gespürt hatte, war mir sofort klar – für mich gibt es nie wieder etwas anderes“, schmunzelt Graf.
Von Köln bis nach New York: Ein Leben voller Jazz, Inspiration und unvergesslicher Konzertreisen
Sofort ging es für ihn mit dem Saxophon direkt in Richtung Jazz. Nicht nur war er 1987 Gründungsmitglied des Bundesjugendjazzorchesters, er studierte auch Jazzsaxophon an der Musikhochschule Köln, was zu der damaligen Zeit ein sehr seltenes Studienfach war. Nach dem Studium ging er mit vielen Jazzgrößen auf Tourneen, wie mit der Big Band des SWR, in der er bis heute spielt und mit der er unter anderem in New York mit dem Saxophonisten Chris Potter Konzerte gab, ein Musiker, den er selbst als sein Vorbild und seine Inspiration bezeichnet. Aber auch in Afrika war er bereits als Mitglied des Bundesjugendjazzorchesters, in Indien bereits vier Mal – Reisen, die für immer in seiner Erinnerung bleiben werden. „Die Afrika-Reise hat mich sehr geprägt, und gerade Indien hat es mir einfach angetan“, schwärmt Graf. Generell ist er ein großer Fan von Konzertreisen. „Ich genieße jede einzelne Reise und den Kulturaustausch“, erzählt er. „Man kann so viel mehr über ein Land oder einen Kontinent lernen, wenn man mit den Musikerinnen und Musikern direkt spricht und sich von ihnen das Land zeigen lässt.“ Ein Reiseziel steht allerdings noch auf seiner Liste: Südamerika. „In Brasilien würde ich gern mal auftreten. Dort gibt es unglaublich viele Rhythmen, das möchte ich gern direkt ansehen und lernen.“
Zwischen musikalischer Leitung, Nachwuchsförderung und der Kunst des Ensemblespiels
Klaus Graf hat als Musiker sehr viel Erfahrung auf großen und kleinen Bühnen. Ob er nun mit der Big Band vor 20.000 Zuschauern steht wie beim evangelischen Kirchentag, vor Tausenden feiernden Fußballfans beim Fanfest der EM oder in einem kleinen, intimen Rahmen mit einer kleinen Besetzung in einem Jazzclub – er hat alles schon erlebt. Doch die Größe des Publikums ist für Graf nicht entscheidend: „Es ist eigentlich egal, wie viele Leute kommen. Es kommt immer auf die Stimmung an. Ich spiele hauptsächlich einfach gern für das Publikum, egal wie groß es ist.“ Seit 2021 leitet Graf das Landesjugendjazzorchester Baden-Württemberg, für ihn ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit. Hier finden im Januar wieder Vorspiele statt, worauf sich Graf jetzt schon vorbereitet: „Die jetzige Gruppe ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich freue mich aber schon darauf, neue Gesichter zu sehen, die Spaß am Jazz haben.“ Im Januar wird Klaus Graf das BigBandBootCamp der BDB-Musikakademie in Staufen leiten. Allen, die teilnehmen möchten und Interesse haben, empfiehlt er: „Hört euch im Vorfeld legendäre Aufnahmen an – wie Count Basie, Duke Ellington oder das Konzert in der Carnegie Hall von Benny Goodman.“ Ihm ist es beim Unterrichten stets wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler die Geschichte kennen. „Wenn man weiß, wo der Jazz herkommt, ist es wesentlich einfacher, eine eigene Musiksprache zu entwickeln“, erklärt er. Wenn Graf Studenten im Einzelunterricht betreut, sieht er sich mehr als Lenker denn als Lehrer: „Ich versuche meine Studenten in die für sie passende Richtung zu steuern“, erklärt er. „Dabei haben sie aber immer lange Zügel. Die Frage ist ja auch, ob jemand beispielsweise gut unterrichten könnte. Das muss sich erst finden, man muss eine eigene Künstlerpersönlichkeit entwickeln.“ Im Bootcamp soll es hauptsächlich um das Kennenlernen der Big Band gehen. „Der Schwerpunkt werden Phrasierung und Artikulation sein“, verrät er. In diesen Bereichen sei nämlich der größte Unterschied zur Klassik.
Monika Müller