Hornistinnen wie Marie-Luise Neunecker oder Frøydis Ree Wekre haben schon in den 60er und 70er-Jahren junge Frauen inspiriert, selbst Horn zu spielen – ein Vorsprung, den das Horn bis heute vor den anderen Blechblasinstrumenten hat. Sibylle Mahni, die Nachfolgerin von Marie-Luise Neunecker an der Hanns-Eisler-Hochschule für Musik Berlin und Milena Viotti, Hornistin an der Bayerischen Staatsoper München, sind zwei der erfolgreichen Hornistinnen, die in Deutschland arbeiten – und sie sind Dozentinnen bei Hornissimo.
Vor einigen Jahrzehnten war die Anwesenheit einer Frau in einem Orchester noch ein ungewohnter Anblick, mittlerweile ist es auch am Horn gang und gäbe. Kommentare diesbezüglich gibt es immer weniger, berichtet beispielsweise Sibylle Mahni und fügt danach lächelnd hinzu: „Je älter ich werde, desto weniger Kommentare gibt es.“ An anderen Instrumenten, wie bei der Posaune, haben Frauen noch nicht so oft Professuren inne. Doch durch das Engagement von Marie-Luise Neunecker in Berlin und Frøydis Ree Wekre in Oslo wurde das Horn gerade auch bei jungen Frauen bekannt und beliebt. „Sie sind die Vorreiter gewesen“, erklärt Mahni. Sie selbst hat mit 15 Jahren angefangen, Horn zu spielen. Der Grund dafür hat unter anderem auch mit den Problemen von Frauen in der Musikwelt zu tun, denn eigentlich lernte sie Klavier bei ihrer Mutter und spielte wie ihr Bruder Trompete. „Mein Lehrer hat mir mit 11 oder 12 Jahren gesagt, dass ich mit der Trompete als Frau eh keine Stelle bekommen könne. Das könnte mit ein Grund sein, warum ich mich umorientiert habe“, lächelt sie. Bei Jugend musiziert sah sie das Horn dann in Aktion und fand, es gefalle ihr sowieso besser als die Trompete. Schon war ihr Weg klar. Mit nur 23 Jahren begann sie ihre erste Stelle im Frankfurter Opern- und Museumsorchester und trat nach verschiedenen Stationen als Dozentin im Herbst 2020 die Nachfolge von Marie-Luise Neunecker an, unter der sie selbst studiert hatte. „Ich liebe es so sehr!“, schwärmt sie. „Ich bin zwar vier bis fünf Tage pro Woche an der Hochschule, aber ich muss mich nicht mehr zerteilen und kann mich ganz auf meine Arbeit konzentrieren.“ Ihr liebstes Genre ist ganz klar die Kammermusik. So spielt Mahni auch im Ma’alot Bläserquintett mit, das ihr sehr am Herzen liegt. „Wir spielen zwar nicht wahnsinnig viele Konzerte, aber es ist immer wieder schön“, findet sie. „Wenn man auf diesem Niveau zusammenspielt, versteht man sich auf eine instinktive Art. So ein Ensemble kann man nicht einfach so zusammenstellen, das ist einzigartig.“ Für sie war die Kammermusik auch immer ein guter Ausgleich zu den stressigen Momenten in einem Orchester. „Da ist das Horn einfach auch unglaublich vielseitig.“ Dies möchte sie auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Hornissimo weitergeben. Besonders wichtig ist ihr dabei, die Freude an der Musik zu vermitteln: „Manchmal vergisst man als Profi ein wenig, worum es wirklich geht: Spaß an der Musik zu haben. In dem Aspekt kann man gerade von Amateurmusikerinnen und -musikern noch viel lernen“, lächelt Mahni.
Von Grund auf musikalisch: Milena Viotti
Für Milena Viotti war das Horn schon von Beginn an das Instrument ihrer Träume: Mit vier Jahren erklärte sie ihren Eltern, dass sie Hornistin werden wolle. „Das war quasi meine erste Liebe“, lächelt Viotti. Mit acht durfte sie dann mit dem Unterricht beginnen. „Ich glaube, meine Eltern hatten gehofft, dass ich ihr Versprechen vergesse“, lacht sie. „Dass meine Eltern am Ende zwei Hornisten und ein Schlagzeug in der Familie haben würden, hätten sie sicher nicht gedacht!“ Viottis Familie ist sehr musikalisch: Sowohl die Eltern als auch die vier Kinder sind allesamt professionelle Musikerinnen und Musiker. Da der Vater Dirigent war, reiste die Familie viel in der Welt umher. Für Viotti war das eine einmalige Gelegenheit, so viel wie möglich von Professoren auf der ganzen Welt aufzuschnappen, denn die Instrumente reisten natürlich mit – und vor Ort konnte man dann von den Profis lernen. Eine Sache, die ihr dabei mit etwa 14 Jahren auffiel: „In den USA sprechen die Professoren viel über Luft“, erklärt Viotti. „In Deutschland stand damals eher der Ansatz im Fokus.“ Ihr Ziel, im Orchester zu spielen, erreichte sie über die Orchesterakademie der Bayerischen Staatsoper. Als sie dort eine Stelle erhielt, war sie erst 21 Jahre alt. „Das war am Anfang sehr schwierig für mich“, erinnert sich Viotti. „Es gab damals vor 15 Jahren noch sehr viel Repertoire, sodass ich manche Stücke ganz ohne Probe spielen musste – und dann war es auch noch das Jahr, in dem der Ringzyklus von Wagner aufgeführt wurde.“ Doch sie lernte schnell und hat viel Freude an ihrer Orchesterstelle. Unter anderem konnte sie dort auch schon mit ihrem Bruder zusammenspielen, der für ein Dirigat in München zu Gast war. Bei solchen Ereignissen unterstützt sich die Familie Viotti immer gegenseitig: „Nächstes Jahr treffen wir uns zum Beispiel in Amsterdam“, berichtet sie. Ihr Bruder Lorenzo dirigiert dort die ‚Fledermaus‘, bei der auch ihre Schwester Marina im Mezzosopran mitsingt. Doch nicht nur die Musik liegt den Viottis im Blut, auch der Sport liegt ihnen sehr am Herzen. Wenn sie sich treffen, findet man sie beim Padel-Tennis, beim Yoga oder beim Kitesurfen. Für Viotti ist der Sport ein hervorragender Ausgleich zum Orchesteralltag. Aber auch auf Hornissimo freut sie sich sehr: „Es ist mir genau so lieb, mit Amateurmusikerinnen und -musikern wie mit Profis zu arbeiten. Amateurmusizierende haben nicht den Druck der Berufsmusizierenden, haben aber genauso dieses innerliche Feuer, diese Leidenschaft für die Musik. Manche dieser Menschen opfern ihren Jahresurlaub für ihr Instrument – wenn das nicht Liebe ist, dann weiß ich nicht, was es ist.“
Monika Müller