Jugendkapellen, Vororchester und Bläserklassen sind in Konzerten oft nur das „Vorprogramm“ für den „Mainact“ Hauptorchester. Beim Musikverein Freundschaft Berghausen war das nicht anders. Bis Kathrin Denner, Leiterin der Bläserkids und des Jugendorchesters, die Idee hatte, mit dem musikalischen Nachwuchs eine eigene Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Gesagt, getan! Sie führte über 80 junge Aktive aus fünf Jugendformationen in einem gemeinsamen Projekt zusammen und gestaltete mit ihnen das erste Berghausener Familienkonzert als großes Gesamtkunstwerk.
Die Besucherinnen und Besucher des ersten Familienkonzerts des Musikvereins Berghausen staunten nicht schlecht: Tauchten sie beim Betreten der Pfinztaler Kulturhalle doch ein in eine schillerndbunte Unterwasserwelt. Bunte Fischschwärme, Delfine und ein riesiger Blauwal zierten die schwarz abgehängten Wände, überall waren Meeresalgen und Luftballon-Blubberblasen angebracht und an den Decken hingen gigantische Tiefseequallen. Mehr noch: Durch die gesamte Halle schlängelte sich ein Fluss aus blauen Malerplanen, der den Hallenraum in einen Aufführungsbereich und einen Zuhörerbereich unterteilte. In Letzterem waren schon alle Stühle besetzt und auch die Sitzkissen und Teppichflecken direkt vor den Ensembles waren von Kindern in Beschlag genommen. „Ein Konzert von Kindern und Jugendlichen für Kinder und Jugendliche“, das war die Intention der Initiatorin Kathrin Denner – und sie ging auf. „Ich wollte mit Kindern und Jugendlichen etwas Großes schaffen, das sich an Kinder und Jugendliche richtet“, erklärte Kathrin Denner im Interview. Die Idee dahinter: „Wenn die Kinder sich immer nur an die Konzerte der anderen anschließen, dann machen sie ja nichts Eigenes.“ Also fragte sie kurzerhand ihre „Bläserkids“ und die Jugendlichen im Jugendorchester: „Habt ihr Lust auf ein eigenes Konzert?“ Die Kinder und Jugendlichen hatten nicht nur Lust, sondern auch gleich das passende Motto parat: Unterwasserwelt. Neben den Bläserkids und dem Jugendorchester nahm Kathrin Denner noch die Blockflötenkinder unter der Leitung von Sahra Bahr, die gemeinsame Bläserklasse aus der Kooperation mit dem Ludwig-Marum-Gymnasium sowie dessen Big Band – beide unter der Leitung von Sylvia Silvery – mit ins Boot und stellte mit über 80 Akteuren das erste Familienkonzert des Musikvereins Berghausen auf die Beine. Gemeinsam mit den Kindern hat sie die Handlung der Geschichte entwickelt, Literatur ausgesucht, die Darstellerinnen gecoacht und sich von der Werbung bis zu den Kostümen um alles gekümmert.
Ein Gesamtkunstwerk, in das alle einbezogen wurden
Nur knapp fünf Monate hatte sie von der Idee bis zur Aufführung Zeit – das war selbst für die quirlige Dirigentin sportlich und „ganz schön viel Arbeit“. Doch die studierte Trompeterin, Dirigentin und Komponistin hatte volles Vertrauen in „ihre“ Jugendlichen. „Die Kinder sind toll, da kommt schon etwas bei raus“, war sie sich sicher. Und genau so war es: Das Familienkonzert wurde zu einem großen Gesamtkunstwerk, das Groß und Klein nicht nur begeisterte, sondern auch alle mit einbezog. So hat jedes Kind am Einlass ein Shaker-Ei erhalten, mit dem es mitmusizieren konnte, und auch die Erwachsenen durften mit Bodypercussion, Gesang und verschiedenen, am Körper produzierten Geräuschen nicht nur immer wieder Teil der Aufführung sein, sondern das tosende Unwetter inszenieren, das die Geschichte überhaupt erst in Gang setzt. Durch das Unwetter wurden nämlich die beiden Hauptfiguren, die Fantasiewesen Stellarius und Jonnara, hervorragend gespielt von den Neuntklässlerinnen Stella Askani und Jonna Ellwanger, von der Pfinz bis ins Meer gespült. Dort trafen sie auf verschiedene Meeresbewohner, verkörpert von den mitwirkenden Ensembles, die sie auf der Suche nach dem Heimweg begleiten – natürlich nicht, ohne zu musizieren, zu singen und zu tanzen. In einem Wandelkonzert, in dem jedes Ensemble seinen eigenen Auftritt, alle aber auch die Möglichkeit zum Zusammenspiel hatten, begann die Reise bei der Big Band, deren Mitglieder mit orangefarbenen Warnwesten und Clownsnasen unter der humorvollen Leitung von Sylvia Silvery einen Clownfischschwarm darstellten und Musikstücke aus „Vaiana“ und „Arielle“ zum Besten gaben. Weiter ging es mit den Bläserklassen, die souverän den „Regenwetterblues“ spielten, während das Publikum unter fachkundiger Anleitung geräuschvoll für Regen, Blitze, Donner und Wind sorgte. Im Anschluss spielten die Bläserkids, die unter anderem mit dem Publikum die berührende Melodie „In der Ferne“ aus Feivel der Mauswanderer sangen und Wasserwesen wie Zuschauer gleichermaßen mit „Supercalifragilisticexpialigetisch“ verzauberten. „Dieses Stück hat zwar nichts mit der Unterwasserwelt zu tun, aber manchmal braucht es eben einfach ein wenig Magie, um weiterzukommen“, erklärte Kathrin Denner schmunzelnd. Die Blockflötenkinder unter der Leitung von Sahra Bahr, allesamt als bunte Quallen verkleidet, schlugen mit dem gleichnamigen Musikstück gekonnt den „kleine[n] Hai“ in die Flucht und nach dem entscheidenden Fingerzeig der bunten Quallen fanden Stellarius und Jonnara zu guter Letzt wieder wohlbehalten zurück nach Hause. Dass die glückliche Rückkehr gefeiert werden musste, verstand sich von selbst – und zwar mit dem Stück „Happy Marching Band“ und einer großen Parade aller Ensembles, die auf der Bühne beim Jugendorchester endete und in den begeisterten Schlussapplaus des Publikums mündete. Am Ende zeigten sich Groß und Klein überwältigt von der Kulisse, den Kostümen und den musikalischen Darbietungen der Kinder und Jugendlichen. Kathrin Denner war froh, dass alles gut geklappt hat und „megastolz“ auf ihre Akteure. Wie von ihr erhofft, hatten die Kinder und Jugendlichen „ein großes Erlebnis“ mit Musik. Und dabei ist es bei weitem nicht geblieben. Schließlich konnte auch der Musikverein Berghausen immens vom ersten Familienkonzert profitieren. So hat das Gemeinschaftsprojekt „Zusammenhalt zwischen den Kooperationspartner geschaffen“, die Bläserklasse gestärkt und letztlich jedes musizierende Kind in seinem Tun bestärkt. Mehr noch: Auch bei den Kindern im Publikum wurde die Begeisterung für die Musik entfacht. Und so gingen viele von ihnen direkt von der Aufführung zur Instrumentenvorstellung und nicht wenige mit einer konkreten Vorstellung von ihrem Wunschinstrument nach Hause. „Viele Kinder haben tatsächlich direkt nach dem Familienkonzert angefangen, ein Instrument zu lernen“, freut sich Kathrin Denner. Angesichts so vieler positiver Auswirkungen steht für Kathrin Denner schon fest, dass das Familienkonzert in Serie gehen muss. Im Geiste plant sie bereits das nächste – und freut sich auch wieder auf die tolle Zusammenarbeit zwischen dem Verein und den beiden Berghausener Schulen Ludwig-Marum Gymnasium (Big Band und Bläserklassen) und der Schlossgartenschule (Blockflöten-AG). Aller Voraussicht nach geht es 2025 mit allen Kinder- und Jugendensembles dann in den Dschungel.
Martina Faller