Seit über 20 Jahren ist Miguel Etchegoncelay professioneller Musiker und auch Dirigent. Für ihn ist Dirigieren wie eine Sprache zu sprechen – und seine ganz eigene Sprache möchte er nun auch in der WASBE als Präsident der Welt mitteilen.

Viele Musiker wissen schon von vorneherein, dass sie ihr ganzes Leben als Musiker arbeiten wollen und auch werden. Für Miguel Etchegoncelay war dieser Weg etwas anders! Da in Argentinien ein Studium des Dirigierens nicht möglich war, studierte er zuerst Trompete und Komposition in Córdoba. Doch schon bald nach dem Erhalt seiner ersten Stelle merkte er, dass das für ihn nicht alles sein konnte. „Dass ich für den Rest meiner Karriere im Orchester spielen würde, konnte ich mir einfach nicht vorstellen“, schmunzelt Etchegoncelay.

Das Gefühl, vor dem Orchester zu stehen, möchte er nicht mehr missen

Doch dann bekam er zum ersten Mal die Chance, vor einem Orchester zu stehen. „Es war Nationalfeiertag“, erinnert sich er sich, „und der Chef unserer Musikschule bat alle Lehrer der Musikschule, für die Nationalhymne ein Orchester zu bilden. Er fragte, wer denn dirigieren könne – und ich habe mich gemeldet.“ Das Gefühl, vor dem Orchester zu stehen, gefiel ihm so sehr, dass er es nicht mehr missen wollte – selbst wenn er vom Dirigieren an sich noch kaum eine Ahnung hatte. „Ich hatte keine Ahnung, wie ich meinen Kollegen zeigen sollte, was ich von ihnen wollte“, lächelt er. „Noch dazu ist die argentinische Hymne nicht gerade einfach, es gibt Tempo- und Stilwechsel. Meine Technik war nicht perfekt, aber ich konnte meine Emotionen vermitteln.“ Um den Weg des Dirigierens weiterzuverfolgen, ging es für Etchegoncelay dann in die Schweiz für sein Masterstudium. Eigentlich war sein Plan, später nach Argentinien zurückzukehren, doch: „Manchmal klappt es einfach nicht so wie ursprünglich geplant.“ Etchegoncelay reiste viel, lernte und lehrte in Deutschland, Italien, Frankreich und sogar in den Vereinigten Staaten. Seit 2002 lebt Etchegoncelay in Frankreich. Hier ist er Professor für Orchesterdirigieren am Conservatoire de Musique de Strasbourg und an der Haute École des Arts du Rhin. An Letzterer ist er für das Blasorchesterprogramm verantwortlich, aber auch als Gastdozent ist er viel unterwegs. Doch auch in Straßburg setzte Etchegoncelay seine eigenen Studien weiter fort und absolvierte einen Master in Politik- und Kulturmanagement. „Das Kulturmanagement und die Kultur im Allgemeinen hat mich schon immer interessiert“, erklärt er. „Das kulturelle System Frankreichs ist generell etwas Besonderes. Außerdem ist es wichtig, sich in der kulturellen Welt anderem gegenüber zu öffnen und über den Tellerrand zu schauen.“

„Jeder Dirigent spricht seine eigene Sprache“

Für Etchegoncelay ist Dirigieren immer gleichbedeutend mit Kommunikation. „Wenn die eigene Idee präzise ist, kann man sie auch kommunizieren“, findet Etchegoncelay. Dabei spreche jeder Dirigent seine eigene Sprache. Wichtig sei vor allem, wie man etwas sagen wolle. „Beim Unterrichten versuche ich deshalb, die Studierenden nicht zu stoppen, aber trotzdem auf die Grammatik zu achten“, schmunzelt er. Die Technik sei, wenn zwar nicht das Allerwichtigste, dennoch ein großer Bestandteil des Dirigierens, wie es auch die Grammatik für die Sprache ist. Dirigierende sollten seiner Meinung nach in der Lage sein, den Musizierenden die Stücke zu zeigen und in kürzester Zeit zu interpretieren – „oft hat man nur zwei Proben vor einem Auftritt“, erklärt er. Die Kommunikation ist auch in Etchegoncelays Arbeit für die WASBE sehr wichtig. Mit nur 21 Jahren wurde er Mitglied und hat seitdem immer mehr Verantwortung dort übernommen. „Mir war es wichtig, die Blasorchester zu bewahren und nach vorne zu bringen. Dabei geht es auch um Kommunikation zwischen den Kulturen. Ich hatte nie darüber nachgedacht, selbst Präsident zu werden.“

Viele Pläne und Ideen für die WASBE

Doch im Sommer dieses Jahres ist genau das geschehen. Nun hat Etchegoncelay zwei Jahre Zeit, um seine Pläne umzusetzen. „Eigentlich sind es ein paar Jahre mehr“, erklärt Etchegoncelay, „weil der letzte Präsident immer noch bleibt, um den aktuellen zu unterstützen.“ Dennoch hat er nicht viel Zeit – und viele Ideen: Er möchte die Online-Präsenz verbessern und dort Coachings und Webinare anbieten, einen Kompositionswettbewerb weiterführen, ein Netzwerk für Komponisten aufbauen, das Magazin von WASBE in verschiedenen Sprachen anbieten, Kollaborationen mit internationalen Organisationen – wie auch dem BDB – möglich machen, die Webseite neu gestalten, die sozialen Netzwerke besser nutzen und vieles mehr. „Alles umsetzen kann ich vielleicht nicht“, gibt er zu, „aber ich kann die Saat einpflanzen und hoffe, dass es wächst.“

Monika Müller