Von traditioneller Blasmusik über Hip-Hop-Cross-over bis hin zu Jazz und klassischer Musik: Andreas Joos ist ein echter Allrounder, was das tiefe Blech und vor allem sein Hauptinstrument, die Posaune, angeht. Er hat uns erzählt, wie sein Jahr normalerweise abläuft und welchen Ansatz er bei Workshops und im Unterricht verfolgt.
Einen geregelten Job von 9 bis 17 Uhr und am Wochenende freihaben? Für Andreas Joos wäre das nichts. Sein Leben sieht ganz anders aus: Unter der Woche gibt er als Dozent Unterricht oder leitet Workshops, am Wochenende finden Proben, Aufnahmen und Konzerte mit den unterschiedlichsten Bands und Gruppierungen statt. „Einen normalen Alltag gibt’s bei mir eigentlich nicht“, gibt er lächelnd zu. „Etwa ein Drittel meiner Zeit verbringe ich mit Unterrichten, aber spiele ja auch viele Konzerte und manage viel bei meiner Band.“
Seine Band ist Fättes Blech, eine achtköpfige Band, die jeder kennt, der sich ein bisschen mit aktueller Blasmusik befasst oder eins der unzähligen Blasmusikfestivals besucht hat, über deren Bühnen Fättes Blech seit mittlerweile 12 Jahren touren. Joos hatte mit 17 Jahren die Idee, Blasmusik mit Hip Hop, Pop und allen möglichen anderen Einflüssen zu mischen. Zuerst waren es nur ein paar Freunde, die miteinander Musik machten. „Es gab viele Wechsel über die Zeit“, erzählt Joos, „und mittlerweile sind fast alle von uns professionelle Musiker.“ Das ist besonders schön, weil jeder der acht andere Hintergründe mitbringt. „Der eine spielt normalerweise in einem klassischen Orchester, der andere Jazz, der dritte ist in einem traditionellen Blasmusikensemble“, erklärt Joos. „So können wir alle unser Vorwissen mit einbringen und einfach gute Musik machen.“
Die aktuelle Entwicklung der Blasmusik in Deutschland gefällt ihm sehr. Immer mehr junge Menschen werden durch Bands wie beispielsweise Mnozil Brass, deren Posaunist Gerhard Füßl übrigens auch Lehrer von Joos war, und natürlich auch Fättes Blech zur Blasmusik gebracht. „Vor 15 Jahren hätte ich es mir nicht vorstellen können, dass 20.000 Menschen auf einem Festival vor der Bühne zu Blasmusik feiern. LaBrassBanda hat da den Weg geebnet und Genregrenzen und Klischees gebrochen. Das versuchen wir auch, jedoch auf eine ein bisschen andere Weise.“ Den Trend zur Blasmusik sieht er außerdem nicht nur auf den mittlerweile sehr zahlreichen Blasmusikfestivals: „Die letzten Jahre haben gezeigt, dass noch viel mehr möglich ist. Auch viele Pop-Acts haben mittlerweile Bläser dabei“, beschreibt er die Entwicklung. „Ich freue mich immer, wenn junge Leute herkommen und auch Blasmusik machen wollen.“
Aber nicht nur mit Fättes Blech ist Joos viel unterwegs, auch beispielsweise mit Ernst Hutter und den Egerländer Musikanten, bei denen er seit 2017 aktiv ist. „Im Frühjahr bin ich meistens mit den Egerländern auf Tour, im Sommer mit Fättes Blech auf den Festivals, im Oktober und November helfe ich immer wieder bei klassischen Ensembles und Orchestern aus und im Dezember spiele ich mit dem Ensemble Classique und dem Tölzer Knabenchor. Das ist ein straffer Jahresplan“, lacht Joos. „Aber ich mache es sehr gern.“
Von der Traum-Ausbildung zur Traum-Stelle
Die Abwechslung macht ihm sehr viel Spaß, sowohl zwischen den einzelnen Genres als auch zwischen dem Auftreten und dem Unterrichten. Seit einem Jahr ist Joos Dozent an der Berufsfachschule für Musik in Krumbach, wo er auch selbst ein Jahr zur Schule ging, bevor er sein Musikstudium in Basel begann. „Der Vorteil der Berufsfachschule für Musik ist, dass man die Welt des Studiums schon einmal kennenlernt“, beschreibt Joos. „Wenn man direkt nach dem Abitur Musik studiert, ist man oft erst einmal überfordert mit dem Leben als Student. Durch die Vorbereitung war ich viel relaxter und konnte mich viel mehr aufs Studium einlassen.“ Die Ausbildung an der Berufsfachschule für Musik ist ähnlich aufgebaut wie ein Studium. Zwar gibt es auch andere Fächer, die eine Rolle spielen, jedoch geht Musik und der Musikunterricht so gut wie immer vor. Dadurch lernen die Schülerinnen und Schüler wesentlich mehr, als sie es nur in ihrer Freizeit während der Schulzeit tun würden. „Mir hat es auf jeden Fall sehr geholfen, damals dort gewesen zu sein“, bekräftigt Joos. Nun hilft er selbst seinen Schülerinnen und Schülern im tiefen Blech. Nach seinem Bachelor in Basel und Augsburg begann er ein Masterstudium in Luzern, weil dort ein Professor vom Concertgebouw Amsterdam unterrichtete. Dieses Studium konnte er durch seine jetzige Stelle bei der Berufsfachschule für Musik noch nicht beenden, jedoch war es das für ihn auf jeden Fall wert: „Das ist meine absolute Traumstelle, das wusste ich sofort, als ich die Ausschreibung gesehen hatte.“ Die Gründe dafür liegen für ihn auf der Hand: Schülerinnen und Schüler, die gern lernen wollen und auch keine kleinen Kinder mehr sind, keine Einschränkungen und die einmalige Möglichkeit, Proben recht unabhängig von Stundenplänen oder anderen Hobbys ansetzen zu können. „Ich wollte die Stelle unbedingt und habe mir da dann auch recht viel Druck gemacht“, erinnert sich Joos. „Während Corona habe ich mich unglaublich vorbereitet, mehr als bei allen anderen Probespielen, die ich davor gemacht hatte. Ich habe nichts dem Zufall überlassen.“ Sogar mit einem Mentalcoach traf sich Joos, um an seiner Einstellung und seinem Mindset zu arbeiten. „Ich habe alles gemacht, was ich machen konnte, damit ich am Ende nicht sagen konnte, dass ich mich nicht genug vorbereitet hatte.“ Doch es klappte: Joos bekam die Stelle und damit auch große Fußstapfen, in die er zu treten hatte. Sein Vorgänger hatte viele Musikerinnen und Musiker ausgebildet, die später in großen Orchestern Stellen angetreten haben. Für Joos ist das aber kein Grund, ehrfürchtig zu sein oder sich Sorgen zu machen, dass die Fußstapfen zu groß sein könnten. „Für mich ist es eher ein Ansporn, mindestens genauso gut zu unterrichten“, lächelt er.
Auch Workshops gibt Joos mittlerweile. „Am Anfang wusste ich nicht genau, ob mir das gefällt“, gibt er zu. „Doch mittlerweile mache ich es sehr gern.“ Sehr interessant findet er, dass bei jedem Workshop, gerade im Blasmusikbereich, Menschen dabei sind, die entweder sehr klischeebehaftet sind oder Musik, die nicht dem entspricht, was sie kennen, ablehnen. „Mein Ziel ist, dass am Ende alle rausgehen und sich denken: Vielleicht ist diese andere Musik doch nicht so schlecht.“ Gerade die Blasmusik werde oft von Leuten belächelt, da sie auch oft mit den Klischees spielt. „Jedes Klischee hat ja auch seinen Hintergrund, das gehört schon etwas dazu“, erklärt Joos. „Und ein Klischee muss ja auch nicht nur negativ sein.“ Dennoch findet er es wichtig, offen gegenüber anderen Musikstilen zu sein. „Ich habe das noch nie verstanden, warum alles klar abgegrenzt sein muss“, erklärt er. „Warum muss ich mich festlegen? Ich mache nicht Blasmusik oder klassische Musik oder sonst etwas anderes, ich bin Musiker. Fertig.“
Bei seinen Workshops verfolgt Joos den Ansatz, dass er auf einem vollen, satten Sound aufbaut. Nachdem der Klang gut ist, geht es mit den nächsten Schritten weiter. Für Leute, die etwas mehr Input brauchen, hat er auch immer noch ein paar zusätzliche Übungen dabei. „Das ist wichtig, damit jeder mitmachen kann“, erklärt er. Oft bricht er diese Übungen allerdings auf die Basics herunter, denn: „Auch ich spiele jeden Tag dieselben Übungen rauf und runter. Das tut jedem gut.“ Außerdem müsse man, so Joos, beim Spielen ja auch nicht nur auf den direkten Notentext achten. „Der Notentext ist gerade bei Blasmusik vermutlich recht einfach. Aber es kommt immer darauf an, wie man es spielt. Das Wichtigste steht nicht in den Noten.“
Text: Monika Müller