Musik in all ihren Facetten ist die große Leidenschaft von Martin Scharnagl. Als Komponist, Dirigent, Instrumentallehrer, Musiker und Workshopleiter gibt er diese Begeisterung gern in allen Bereichen an andere Menschen weiter. Nun löst der Komponist der Polka „Von Freund zu Freund“ Peter Schad beim Workshop „Ewig Schad und Schick“ ab.

Was ist das Wichtigste an der Musik? Diese Frage beantwortet jeder Komponist ein wenig anders, je nachdem, worauf der eigene Fokus liegt und mit welchem Instrument man angefangen hat, Musik zu machen. Dieses beeinflusst einen naturgemäß am meisten. Bei Martin Scharnagl gibt es da mehrere Einflüsse. „Auf der einen Seite ist mir der Rhythmus natürlich sehr wichtig“, gesteht der Schlagzeuger ein. „Aber da ich auch Tuba spiele, habe ich ebenfalls einen Zugang über dieses Instrument, und wegen meiner Kompositionen beschäftige ich mich übers Klavier auch viel mit Harmonien.“ Die Mischung macht’s, könnte man also sagen. Scharnagl gefällt das Komponieren sehr, vor allem, da er seit fast zehn Jahren Kapellmeister in Kössen, seinem Heimatort, ist. So kann er neue Kompositionen gleich ausprobieren und feststellen, wo er vielleicht mit dem Orchester noch etwas mehr Arbeit in das Stück stecken muss, bevor das Konzert kommt. „Es gibt für einen Komponisten nichts Besseres, als in der Praxis mit Musikerinnen und Musikern zu arbeiten“, stellt Scharnagl fest. „In der Praxis und für die Praxis zu komponieren ist viel besser, als nur am Schreibtisch vor sich hin zu komponieren.“ Durch dieses direkte Feedback kann Scharnagl sich selbst auch immer weiterentwickeln. „Die Erfahrungen, die man über die Jahre sammeln kann, sind einfach unersetzlich.“ Doch nicht nur Übung macht den Meister, auch die Ausbildung. Scharnagl studierte nach dem Musikgymnasium in Innsbruck Schlagwerk und Pädagogik und parallel Blasorchesterleitung. Diese Studien waren für ihn sehr prägend und sind seiner Meinung nach ein Muss für jeden angehenden Komponisten – und jeden Musiker im Allgemeinen. „Das ist wie in jedem Beruf“, erklärt er, „man muss erst einmal das Handwerk erlernen. Man muss verstehen, worum es geht und wie alles funktioniert.“ Für Scharnagl gehört hier auch dazu, sich mit den verschiedenen Instrumenten zu beschäftigen – in welcher Tonhöhe klingt ein bestimmtes Instrument besonders gut? Welche sind überhaupt möglich?

Welche Klangfarben kann ein bestimmtes Instrument erzeugen, und wie kann man diese für Effekte nutzen? Dafür interessierte er sich schon immer, sagt er. All diese Dinge zu lernen und genauer zu untersuchen sind „ein langer Entwicklungsprozess“, wie Scharnagl selbst sagt. Er selbst begann mit acht Jahren mit dem Schlagzeugspielen. Während des Studiums schrieb er seine ersten Kompositionen. „Mit jedem Stück lernt man dazu“, erklärt er, und fügt lächelnd hinzu: „Manche von meinen ersten Werken würde ich für ein Konzert wahrscheinlich in der Schublade lassen, aber es gehört alles zur Entwicklung dazu.“ Als Tiroler kann er diesen Lernprozess auch sehr gut vergleichen: „Das ist wie Skifahren. Man stellt sich auch nicht auf die Skier und fährt dann direkt die besonders steilen Hänge runter, sondern tastet sich Stück für Stück heran.“ Da Scharnagl Schlagzeuglehrer ist, schreibt er ab und zu Stücke für seine Schüler, damit diese üben können. Doch die meisten seiner Kompositionen sind für Blasorchester – mal größere, mal kleinere Besetzungen. „Ein großer Klangkörper ist toll“, schwärmt er. „Aber auch eine kleine Besetzung nur mit Blechbläsern ist sehr interessant. Die böhmische Besetzung ist dann genau in der Mitte.“ Während des Studiums hörte Scharnagl auch viel Musik für größere Besetzungen – Bach, Mozart, auch die großen Sinfonien von Mahler oder Bruckner. „Diese großen Besetzungen mit den Streichern sind wesentlich komplexer“, gibt Scharnagl zu. Daher habe er sich noch nicht so an sie herangetraut. Doch gefallen ihm auch die Klangfarben der Blasmusik besonders gut, weshalb er bisher in diesem Genre geblieben ist. Eine seiner bekanntesten Kompositionen ist „Von Freund zu Freund“, das er für ein befreundetes Ensemble aus dem Saarland schrieb. „Der Leiter der Buchwaldmusikanten hatte 2012 einen runden Geburtstag“, erinnert sich Scharnagl. „Das Stück sollte ein Geschenk von mir an ihn und die Buchwaldmusikanten sein, eben von Freund zu Freund.“ Im Trio verwendete er einen eigens komponierten Choral, den er schon während seines Studiums geschrieben hatte. Mit seinem Ensemble „Viera Blech“ nahm er die Polka auf und machte das Stück europaweit zu einem Hit – das geht so weit, dass ihn Leute darauf ansprechen. „Mich freut das total“, lächelt Scharnagl. „Ich schätze es extrem, wenn ich Leute mit meiner Komposition glücklich machen kann.“

Doch auch als Musiker ist Scharnagl sehr bekannt. Schon während seines Studiums sammelte Scharnagl in verschiedensten Ensembles Erfahrungen, wie zum Beispiel auch im Ensemble „Viera Blech“, das er mit drei Freunden gründete und das heute nicht nur auf sieben Mitglieder gewachsen ist, sondern auch viele Fans in Österreich, der Schweiz, Deutschland und darüber hinaus hat. „Wir haben uns im Studium kennengelernt“, erinnert sich Scharnagl, „und haben einfach damit angefangen, gemeinsam Musik zu machen. Bald haben wir auch Veranstaltungen umrahmt. Und dann ist es immer größer geworden.“ Das Erfolgsrezept: Immer Freude an der Musik haben, sich kontinuierlich weiterentwickeln und sich nie in eine Schublade stecken lassen. „Wir wollten niemanden nachmachen und unseren eigenen Weg finden. Deshalb haben wir auch immer eigene Arrangements gespielt oder gleich selbst komponiert.“ Im nächsten Jahr feiert „Viera Blech“ 20-jähriges Jubiläum und hat dabei nicht nur eine Jubiläumstour geplant, sondern sogar eine ganz besondere Veranstaltung zur Veröffentlichung der Jubiläums-CD: Eine viertägige Kreuzfahrt durchs Mittelmeer. Dabei wird es unter anderem eine besondere Präsentation der neuen CD geben. „Wir machen immer etwas Besonderes“, schmunzelt Scharnagl. Ab diesem Jahr wird Scharnagl nun auch an der BDB-Musikakademie einen wichtigen Posten übernehmen: Er löst Peter Schad im etablierten Blasmusikworkshop „Ewig Schad und Schick“ ab. „Für mich ist das eine große Ehre“, erklärt Scharnagl. „Ich kenne Berthold Schick schon viele Jahre. An Peter Schad und Berthold Schick schätze ich sehr, dass sie ihren eigenen Weg sehr erfolgreich gehen und eine unglaubliche musikalische Vielfalt beherrschen.“ Auch für seinen Vorgänger hat er nur positive Worte: „Peter Schad ist ein großer Name. Er hat über Jahre und Jahrzehnte hinweg seinen ganz eigenen Stil entwickelt, der bis heute unzählige Menschen beeinflusst hat. Das sind große Fußstapfen, in die ich da trete.“ Scharnagl hofft, dass er seinen eigenen Stil auch gut einbringen kann: „Ich bin natürlich in einer etwas anderen Richtung unterwegs als Berthold Schick und habe dadurch auch einen anderen Zugang zur Musik. Das wird der Musik aber definitiv nicht schaden.“ Für ihn ist das wichtigste bei Workshops, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Spaß bei der Sache haben. „Egal ob man Musik als Hobby oder als Beruf macht, der Austausch mit den anderen muss Spaß machen.“ Frontalunterricht beim Musizieren lehnt Scharnagl ab: „Das bringt meistens wenig. Außerdem kann ich beim gemeinsamen Musizieren ebenfalls noch etwas dazulernen und Erfahrungen sammeln.“ Besonders freut er sich bei den Workshops auf die Gemeinschaft und das Miteinander, das bei der Blasmusik immer besonders ausgeprägt ist. „Das ist das Schönste an der Blasmusik, dass die Musik alle Menschen verbindet, egal ob sie aus dem Norden oder Süden kommen, egal wie alt oder jung sie sind.“

Text: Monika Müller