Von Barcelona bis Berlin, von Mailand bis Oxford: Laura Ruiz Ferreres hat schon überall mit ihrer Klarinette die Menschen verzaubert. Sie ist nicht nur Professorin, sondern hat auch ein eigenes Kammermusikfestival in ihrer Heimatstadt gegründet. Und sie ist Dozentin, unter anderem in der BDB-Musikakademie in Staufen bei Clarimondo, dem Festival für Klarinette.
Laura Ruiz Ferreres ist ein sehr lebhafter Mensch und immer in Bewegung. Nach dem Unterricht an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main nimmt sie sich spätabends noch Zeit, um mit uns über ihre Arbeit zu sprechen. „Wenn ich mit meinen Studentinnen und Studenten arbeite, ist die Zusammenarbeit sehr intensiv. Man kann die Entwicklung richtig nachverfolgen und auch selbst weiter lernen“, erklärt sie. Die Professorin für Klarinette ist seit 2011 in Frankfurt. Vorher arbeitete sie als Soloklarinettistin in Berlin an der Komischen Oper und war Dozentin an der Universität der Künste Berlin. Dabei ist sie sich sicher: „Es war rückblickend schon immer klar, dass ich Klarinette spielen werde.“ So konnte sie beispielsweise schon immer stundenlang üben, ohne dass es ihr zu viel wurde.
„Ich sollte auf keinen Fall Musikerin werden“
Ruiz wuchs in Amposta, einem kleinen Dorf etwa 170 Kilometer südlich von Barcelona, in einer Musikerfamilie auf. „Jeder in unserer Familie hat Musik gemacht und die meisten haben Klarinette gespielt“, erinnert sie sich. „Und alle spielten in demselben Blasorchester. Das gibt es immer noch.“ Doch Klarinette zu ihrem Beruf zu machen, war zuerst nicht der Plan von Ruiz gewesen, berichtet sie. „Als ich achtzehn Jahre alt war, hat mir mein Vater geraten, ich solle auf keinen Fall Musikerin werden.“ Also schrieb sie sich für katalanische und spanische Philologie in Barcelona ein. Aber so ganz war es nicht das, was sie sich für ihr Leben vorgestellt hatte. Ein paar Jahre später bewarb sie sich in London für das Musikstudium, fuhr heimlich zur Aufnahmeprüfung – und wurde genommen. „Meine Eltern waren am Anfang sehr geschockt“, lacht Ruiz Ferreres. „Aber dann haben sie es akzeptiert.“ Und sie können auch sehr stolz auf ihre Tochter sein. Sie gewann europaweit Preise und Wettbewerbe, wie den ersten Preis beim Concours d’Exécution Musical de Riddes in der Schweiz und den Primer Palau 2003, und spielte in den bedeutendsten europäischen Jugendorchestern. Neben dem Studium in Barcelona, London, Basel und Berlin studierte sie auch in Den Haag Historische Klarinette. Danach kam sie zu dem Ort, der sie, wie sie selbst sagt, für ihr weiteres Leben am meisten geprägt hat: Berlin und die Staatskapelle unter der Leitung von Daniel Barenboim. „Während meines Studiums habe ich eine Ausschreibung für die Akademiestelle bei der Staatskapelle gesehen und mich einfach beworben“, erklärt sie. „Ich habe fast das Gefühl, das Schicksal hat meinen künstlerischen Weg geprägt.“ Denn nicht nur lernte Ruiz Ferreres dort viel über das Leben als Orchestermusikerin im Allgemeinen, sondern bekam über die Stelle dort auch viele weitere Anfragen von deutschen Orchestern – und wurde von Barenboim quasi zu ihrem Glück gezwungen: „Beim Probespiel habe ich französische Klarinette vorgespielt“, erklärt Ruiz Ferreres. „Barenboim hat aber dann entschieden: ‚Du darfst nur im Orchester bleiben, wenn du auch die deutsche Klarinette spielen kannst.‘ Das habe ich dann gemacht und mich in den deutschen Klarinettenklang verliebt.“ Die deutsche und die französische Klarinette unterscheiden sich in mehreren Punkten. Unter anderem ist das Griffsystem ein anderes, dadurch ist die französische Klarinette etwas flexibler oder bietet mehr technische Möglichkeiten. Auf der anderen Seite hat die deutsche Klarinette eine engere Bohrung und dadurch andere klangliche Möglichkeiten. „Für mich ist der Klang der deutschen Klarinette ein besonders schöner“, lächelt Ruiz Ferreres. „Aber ich spiele auch gern französische Klarinette, gerade bei anderen Musikstilen wie Jazz klingt sie unglaublich schön.“ Wer in deutschen Orchestern Klarinette spielen möchte, muss das deutsche Klarinettensystem beherrschen, in allen anderen Ländern ist die französische Klarinette weiter verbreitet. Auch diese Eigenart der deutschen Orchester schätzt Ruiz Ferreres: „Ich finde das eine tolle Sache, die Tradition auszuleben.“ Doch was, wenn sie einen Workshop oder einen Meisterkurs leitet und der Schüler oder die Schülerin kommt mit einer französischen Klarinette, während sie auf der deutschen Klarinette etwas zeigt? „Dann leihe ich mir im Notfall das Instrument des Schülers aus und benutze mein Mundstück“, lacht sie. „Bisher gab es da noch nie irgendwelche Schwierigkeiten.“ Die musikalische Vielfalt macht ihr nicht nur bei den Klarinetten selbst, sondern auch den Musikstilen viel Freude. Auf ihrem letzten Album beispielsweise nahm sie mit Tenor Werner Güra und Pianist Christoph Berner deutsche Musik aus der Romantik auf – eine doch recht ungewöhnliche Kombination, die aber gut funktioniert. „Die Klangfarben von Tenor und Klarinette harmonieren einfach wunderbar“, schwärmt sie. Neben dem Unterrichten ist Ruiz Ferreres auch künstlerische Leiterin: Seit neun Jahren gibt es in ihrer Heimatstadt Amposta das DeltaChamber Music Festival, das sie begründet hat. „Ich habe zu Hause meinen Cousin getroffen, der auch Profi-Klarinettist ist“, erklärt Ruiz Ferreres. „Dabei ist uns aufgefallen, dass es zwar viel Musik in der Gegend gibt, aber wenig Kammermusik. Das wollten wir ändern.“ Also planten sie, gemeinsam mit einem Flügel und ein paar Freunden Musik zu machen. „Ich habe dann meine deutschen Freunde angerufen und sie gefragt: Habt ihr Lust auf ein bisschen Musik, gutes Essen, Strand und Meer?“, lacht sie. Zu Beginn hatten sie noch sehr wenige finanzielle Möglichkeiten. Doch sehr schnell verselbstständigte sich das Projekt und wurde immer größer. Mittlerweile wird das Festival sogar im Rundfunk in ganz Europa übertragen. „Auch wenn in der Gegend wenig Profimusik gespielt wird, waren bei uns immer alle Konzerte ausverkauft“, berichtet Ruiz Ferreres stolz. Bei den Konzerten gibt sie sich auch immer große Mühe, dem Publikum die Musik mit ein paar Anekdoten näherzubringen. Vor jedem Stück erklärt sie, was mit der Kammermusikgruppe erarbeitet wurde und wie es gespielt wird. Zusätzlich gibt es parallel auch einen Architekturwettbewerb. Nach dem Motto, das vorher festgelegt wurde, schmücken die Architekten die Bühne und präsentieren ihre Kunstwerke. Zwei bis drei Wochen geht das Festival und findet jeden Sommer im August statt. „Es ist einfach toll, die Musik anderen Menschen näherzubringen und die Begeisterung weiterzugeben“, findet Ruiz Ferreres.
Freude, Inspiration und Motivation
Das tut sie auch im Rahmen von Clarimondo in Staufen Ende April. Auf die Herausforderung, auch Amateure zu unterrichten, freut sie sich bereits: „Bei Nichtstudierenden kann man hauptsächlich an den künstlerischen Aspekten arbeiten und die instrumentale Technik etwas mehr im Hintergrund belassen“, erklärt sie. Außerdem ist das Konzept des Meisterkurses ein anderes, als wenn sie Studierende regelmäßig unterrichtet. Denn mit Studierenden hat man die Zeit, die komplette Entwicklung zu betreuen – ein Luxus, den man in einem Meisterkurs aufgrund der begrenzten Zeit nicht hat. „Da ist das Wichtige, die nächsten Schritte der Künstler zu erahnen und dazu einen Weiterentwicklungsweg vorzuzeigen, indem man verschiedene Inputs dazu gibt“, erklärt sie. Eine Sache, die sie den Kursteilnehmenden auf jeden Fall weitergeben kann, ist die Freude am Instrument und viel Inspiration und Motivation. Denn ihr Motto ist, nie aufzugeben. „Wenn ich etwas so stark will, dann mache ich weiter. Wenn das Musizieren mein Traum ist und ich mich immer gut damit fühle, dann bin ich stärker als alle Hindernisse.“
Monika Müller