So mancher Musikverein hat mit mangelndem Engagement im Verein zu kämpfen. Gerade die Besetzung von Vereinsfunktionen scheint vielen Vereinen zunehmend schwer zu fallen. So mancher Vorstand ist schon seit langer Zeit nur noch im Amt, weil sich bislang keine Nachfolge finden ließ. Für einige geht es dabei um nicht weniger, als um ihre Zukunft. Aber auch – und gerade – gesunde Vereine müssen sich fragen, welche Maßnahmen sie bereits heute zur eigenen Zukunftssicherung ergreifen können oder sollten. Im Hinblick auf Engagement und Ehrenamt lassen sich gute Lösungsansätze entwickeln.

Die Frage kann durchaus spannend werden: Muss unser Verein eigentlich so organisiert sein, wie er es derzeit ist? Oder gibt es auch andere Möglichkeiten? Ihre Satzung sagt Ihnen, wie Ihr Vorstand zu besetzen ist. Aber Satzungen sind nicht für die Ewigkeit gemacht, und sie bieten viele Gestaltungsmöglichkeiten – auch in Bezug auf die Vorstandsorganisation. Wenn es Ihnen also vielleicht nicht gelingt, genügend Kandidaten zu finden, die bereit sind, sich im Vorstand zu engagieren, reicht es vielleicht schon aus, den Vorstand zu verkleinern. Mit einer entsprechenden Satzungsänderung geht das ganz einfach. Auch eine gute Lösung: Sofern einzelne Vorstände an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind (oder diese bereits überschritten haben), kann möglicherweise die Installation eines Team- oder auch Tandemvorstands Abhilfe schaffen. Geteilte Verantwortung, geteilte Arbeitslast – warum sollte etwas, das auch in der Wirtschaft und der Politik funktioniert, sich nicht für Vereine eignen? Oder vielleicht benötigen Sie gar keine weiteren Vorstände, sondern können Aufgaben auch außerhalb des Vorstands von „Beauftragten“ im eigenen Verein erledigen lassen.

  • So kann ein „Mitgliederbeauftragter“ beispielsweise den Kontakt zu allen Mitgliedern, auch den passiven, halten, Mitgliederbefragungen konzipieren und durchführen, Gründe für Ein- und Austritte erfragen oder als menschlicher Kummerkasten einen Transmissionsriemen zwischen dem Vorstand und der Mitgliedschaft bilden.
  • Ein Jugendbeauftragter kann dasselbe für die Kinder und Jugendlichen im Verein leisten, ein Social Media Beauftragter kann sich um Facebook & Co. kümmern, ein Zukunftsbeauftragter um strategisch wichtige Fragen und so weiter und so fort. Der eigenen Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Beziehen Sie bei diesem Prozess unbedingt Ihre Mitglieder mit ein und holen Sie sich am besten auch Rat von Dritten ein, die Erfahrungen mit solchen Themen haben, zum Beispiel von anderen Vereinen, vom Verband oder von externen Fachleuten.

Klar abgegrenzte Aufgaben und Rollen
Kaum eine Maßnahme ist zur Gewinnung und erfolgreichen Bindung von Ehrenamtlichen so hilfreich, wie die Erstellung eindeutiger Aufgabenbeschreibungen für die einzelnen Funktionen. Denn jetzt können Sie glaubhaft machen, was genau im Rahmen der jeweiligen Aufgabe erledigt werden muss und wieviel Zeit dies voraussichtlich in Anspruch nehmen wird. Damit wird die Übernahme einer Funktion für Ihr Mitglied planbar und verliert vielleicht auch ihren Schrecken. Insbesondere dann, wenn Sie – siehe oben – die Arbeit auch noch auf deutlich mehr Schultern verteilen als bisher. Und so mancher Vorstand hat im Laufe dieses Prozesses auch ganz neue Erkenntnisse darüber gewonnen, warum er selber ständig an der eigenen Überlastungsgrenze entlang schrammt. Viele langjährige Vorstände haben im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben übernommen, frei nach dem Motto: „Bevor ich das einer anderen Person erklärt habe, habe ich es schon dreimal selbst erledigt“. Das Ende vom Lied ist, dass der Vorstand alles selber und selber alles macht, dies vielleicht auch von allen anderen erwartet und sich dann wundert, dass niemand seine Nachfolge antreten oder sich im Vorstand engagieren möchte. Machen Sie sich bewusst: So ehrenwert eine solche Haltung sein mag – sie ist langfristig kontraproduktiv.

Persönliche Ansprache
Wer Engagierte sucht, sollte dies nicht auf der Hauptversammlung tun. Sondern vorher. Aber machen Sie sich klar: Die meisten Menschen wollen gefragt werden. Und zwar am besten persönlich im Einzelgespräch. Identifizieren Sie eine oder mehrere Personen, die Ihrem Wunschprofil für die zu besetzende Position am nächsten kommen. Schließen Sie dabei auch Personen nicht aus Ihren Überlegungen aus, mit denen Sie nicht so viel zu tun haben oder die Sie vielleicht nicht ganz so gerne mögen. Gegebenenfalls kann es auch eine Option sein, außerhalb des Vereins zu suchen. Gerade Funktionen wie Schatzmeister, Pressewart oder Schriftführer werden häufig von Menschen ausgeübt, die in ihrem beruflichen Kontext bereits in ähnlicher Funktion arbeiten oder gearbeitet haben. Auch wenn es ungewöhnlich klingen mag: Nichts spricht dagegen, solche Menschen auch dann direkt anzusprechen, wenn sie (noch) gar kein Vereinsmitglied sind. Viele Satzungen erlauben nämlich die sogenannte Fremdorganschaft, also das Besetzen von Vorstandspositionen mit Externen. Tatsächlich gibt es nicht wenige Vereine, die ihren neuen Vorstand per Zeitungs- oder Online-Anzeige gesucht und gefunden haben.

Wertschätzungskultur – aber glaubhaft
Das Schaffen einer – glaub- und dauerhaften – Wertschätzungskultur im eigenen Verein ist Vorstandsaufgabe – wer soll es denn sonst tun? Allerdings stimmen die Vorstellungen von Vorstand und Mitgliedern in Bezug auf Wertschätzung im Verein nicht immer überein. Wie sonst ließe es sich erklären, dass sich Mitglieder oft nicht gesehen fühlen, während der Vorstand eine ganz andere Wahrnehmung hat. Die Ursache ist oft ein Missverständnis: Wertschätzung bedeutet nicht, ständig schulterklopfend durch die Reihen zu laufen und jeden für alles zu loben. Sondern vor allem, sich ernsthaft, grundsätzlich positiv und wahrnehmbar mit dem Anderen und dessen Anliegen auseinanderzusetzen. Dazu muss ich vor allem eins: zuhören. Und natürlich lässt sich Wertschätzung auch zumindest teilweise systematisch gestalten und strukturieren. Wir werden diesem Thema daher im Rahmen dieser Serie später noch einen eigenen Artikel widmen.

Michael Blatz