Eine Klarinette ist für manche ein Instrument, für andere eine Welt voller Klangfarben und Wunder. Für Matic Kuder ist sie Letzteres – und eine Lebensentscheidung, die er mit Vergnügen immer wieder genau so treffen würde.
Die Dozierenden des Festivals clariMondo sind jedes Jahr eine exzellente Auswahl an im höchsten Maße fähigen Musiker:innen, ob nun solo am Instrument, in Ensembles oder in Orchestern. Einer dieser herausragenden Personen ist in diesem Jahr Matic Kuder. Der 28-Jährige ist seit etwas mehr als einem Jahr Es-Klarinettist bei den Berliner Philharmonikern und hat sich ganz bewusst für den Weg des Orchestermusikers entschieden. Nicht nur die klassische und professionelle Musik liegt ihm am Herzen, sondern auch die Amateurmusik – ein Umstand, der ihn für clariMondo zum perfekten Dozenten macht. Gerade die traditionelle Blasmusik interessiert ihn, insbesondere aus seinem Heimatland, gibt Kuder zu: „Ich mache im Privaten ab und zu ein bisschen slowenische Volksmusik.“ Früher habe er dafür noch mehr Zeit gefunden, nun sei das nur noch selten möglich, da seine Stelle als Orchestermusiker anspruchsvoll ist – immerhin ist er bei den Berliner Philharmonikern, ein Umstand, der ihn außerdem sehr stolz macht. Er hatte 2012 das Stück „Le Sacre du Printemps“ von Strawinsky in einer Probe der Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle gehört und war seither von dem Klang des Orchesters fasziniert. Auch die Stadt Berlin findet Kuder, vor allem aufgrund der vielfältigen musikalischen Möglichkeiten, sehr interessant, berichtet er. „In Berlin kann man viel verschiedenartige Musik machen. Im großen Orchester mit den Philharmonikern, Kammermusik in kleineren Ensembles oder auch mal als Solist. Es ist alles möglich, weil dort so viele verschiedene Musiker leben und arbeiten.“ In Berlin scheint er angekommen zu sein, auch im Orchester: „Es ist unglaublich, jetzt Teil dieses Klangkörpers mit allen hervorragenden Musiker:innen zu sein“, stellt Kuder auf der Webseite der Berliner Philharmoniker fest. Der Weg dorthin war für ihn, rein von der Kilometerzahl gesehen, weiter als für viele andere. Matic Kuder wuchs in Slowenien auf, wo er schon sehr früh das perfekte Instrument für sich selbst entdeckte: Die Klarinette. „Besonders mag ich die vielen Klangfarben, die die Klarinette hervorbringen kann, und das breite Spektrum“, sinniert er. Doch auch den großen Tonumfang schätzt er sehr. Dadurch gebe es unglaublich viele Nuancen und Möglichkeiten, die Klarinette einzusetzen. Zudem könne man die Klarinette überall finden: „Egal in welchem Stil, ob in der Klassik oder im Jazz, im Klezmer oder in der Volksmusik, überall ist die Klarinette mit dabei. Das hat mich schon immer begeistert“, schwärmt er. Zur Klarinette kam er über seinen Cousin und seinen Onkel, die beide Klarinette spielten und ihm so schon sehr früh ein Vorbild sein konnten. „Für mich war schon immer klar, dass das später auch mein Instrument sein wird“, erklärt Kuder. Ein anderes Instrument hatte für ihn nie zur Debatte gestanden. Der Onkel Peter Kuder war dann auch der erste Lehrer, den Matic Kuder hatte. „Ich wurde sieben Jahre lang von ihm unterrichtet“, erinnert er sich zurück.
„Von ihm habe ich eine ganze Menge gelernt.“ Recht früh durfte er im Musikverein mitspielen und fand dann zum Konservatorium in Ljubljana, wo er sich unter Dusan Sodja bis zu seinem Abitur immer weiter verbesserte und danach in Ljubljana blieb, um dort an der Akademie für Musik zu studieren. Er wechselte an die Kunstuniversität in Graz und bildete sich dort unter Gerald Pachinger immer weiter fort, bis er sein Studium an der Nürnberger Hochschule für Musik unter Thomas Holzmann abschloss. Den Lehrern, die ihn auf seinem musikalischen Weg begleitet haben, ist er bis heute sehr dankbar. „Ich hatte großes Glück mit meinen Professoren“, stellt er heute rückblickend fest. „Jeder Einzelne von ihnen war in der jeweiligen Zeit für mich und meine musikalische Entwicklung sehr wichtig und hat mich ein Stück weit geprägt.“
Orchestermusiker aus Leidenschaft
Doch nicht nur die Professoren auf seinem Weg haben ihn geprägt, sondern auch die Orchester. Das erste in der Reihe, das auf jeden Fall zu erwähnen ist, ist das Gustav Mahler Jugendorchester. „In diesem Orchester habe ich gespielt, als ich vielleicht 18 Jahre alt war“, erzählt Kuder lächelnd. „Das war eine richtig wichtige Erfahrung für mich.“ Die reine Masse an Musizierenden in dem Sinfonieorchester war für ihn überwältigend, ebenso wie die Tatsache, dass jede:r Einzelne von ihnen dort war, um die Begeisterung für die Musik in Klang auszudrücken. „Da saßen nur Leute, die hoch motiviert waren und ihr Allerbestes geben wollten“, berichtet Kuder. „Wir haben mit Top-Dirigenten zusammengearbeitet – da wollte ich unbedingt mitmachen.“ Drei bis vier Jahre lang war Kuder regelmäßig mit dem Gustav Mahler Jugendorchester auf Tourneen und Konzertreisen – im Musikvereinssaal in Wien, bei den BBC Proms, in Abu Dhabi und an vielen weiteren Orten. In dieser Zeit lernte Kuder das Orchester als Klangkörper sehr zu schätzen. „Wir waren immer drei bis vier Wochen unterwegs, und man hat so viele verschiedene Menschen kennengelernt!“, berichtet er. „Das Schöne ist, dass jeder sein Bestes gibt.“ In diesem Orchester hat er auch festgestellt, was ihm beim Musizieren besonders wichtig ist: Nicht nur das Resultat der Musik an sich, sondern auch der Weg dorthin und die Zusammenarbeit im Team des Orchesters. „Man muss mit anderen Menschen umgehen können“,beschreibt Kuder die Schwierigkeit des Zusammenspiels, „und auch die Ideen von anderen akzeptieren können. Es ist wichtig, dass jeder seine Spur hinterlassen kann, aber dass man trotzdem auf die anderen hört.“ Nach dem Ende seines Studiums in Nürnberg erhielt er dort eine Stelle bei den Philharmonikern, bis er Ende 2021 bei den Berliner Philharmonikern anfing.
Von Staufen über Slowenien bis Singapur
Gerne gibt Kuder sein Wissen auch an andere Menschen weiter, zum Beispiel an Musikstudierende, aber auch an Schüler:innen oder Amateure. „Ich habe schon ziemlich früh damit angefangen, meine Professoren bei der Arbeit mit Orchestern zu unterstützen“, erklärt er. Während seiner Arbeit bei den Nürnberger Philharmonikern gab er ebenfalls Meisterklassen, unter anderem auch eine in Singapur. Diese waren jedoch keine gewöhnlichen Meisterklassen. „Wir haben grundsätzlich Schüler:innen und Studierende unterrichtet und fast jeden Tag ein Konzert gegeben“, berichtet Kuder. „Dabei haben wir sehr viel miteinander gespielt, sodass alle voneinander lernen können. Das war uns ganz besonders wichtig.“ Auch in Slowenien hat Kuder schon Kurse gegeben: bei „Klarinetkanje“, einem Klarinettenfestival, das bisher zweimal stattgefunden hat. Darauf ist Kuder besonders stolz. Aber auch auf clariMondo dieses Jahr, bei dem er als Dozent dabei ist und nicht nur eine Meisterklasse, sondern auch einen Workshop zur Es-Klarinette anbieten wird. Das Konzept der Festivals schätzt er sehr. „Ich finde es immer super, wenn alle kommen können, die auch kommen wollen“, freut sich Kuder. Der eventuellen Herausforderung, dass nicht alle gleich gut spielen können, stellt er sich gerne. „Wenn die Unterschiede größer sind, muss man einfach individueller auf die Schüler:innen eingehen. Es ist nicht wichtig, ob man Profimusiker, Student oder Amateur ist, sondern dass man die Motivation mitbringt und sich bewusst für den Workshop entscheidet.“
Monika Müller