“Danke, thank you, gracias, merci Hansi”: Ein Blick in die Kommentare unter Youtube-Aufnahmen seiner großen Hits genügt, um zu wissen, wie sehr die Musik des erfolgreichsten Bandleaders Deutschlands bis heute Menschen weltweit bewegt. Für Kinder der 60er, 70er und 80er Jahre verbinden sich die Erinnerungen an gläser- und gelächterklingende, lila-grün-gelb-orange knallbunte Eltern-Partys mit einem ganz bestimmten Sound. Fetzige, virtuos silbern herabregnende Trompeten, satte Saxophon-Register und ein erdig tiefes Blech, das vor allem in seinen Klassik-Bearbeitungen (z. B. bei Werken von Heinrich Schütz) eindrucksvoll zum Einsatz kommt. Scharfe Riffs und motorisch vorantreibende Slap Bass-Einsätze, die den Rock’n Roller Last (O-Ton: “War ich immer!”) verraten, dazu grandiose “alles, was geht”-Schlagwerk-Kaskaden, die sich in den ruhigen Titeln in typisch lässigen 70er-Synkopierungen – den wohl schönsten Herzrhythmus-Störungen der Unterhaltungsmusik – ergehen. Ein schier endlos scheinendes klangwarmes Streicher-Strömen, das seinen weiten Atem auch durch die eingewobenen Chorstimmen erhält. Dazu immer wieder überraschende Klang- und Farb-Effekte, die sich durch bestimmte Instrumente, Spieltechniken und die wachsenden Möglichkeiten in Ton- und Aufnahmetechnik ergeben: Alles zeugt von einer nie nachlassenden Experimentierfreudigkeit und handwerklichen Meisterschaft eines Musikers, der nichts dem Zufall überließ und seine klassische Ausbildung (“Wer Johann Sebastian Bach und seinen Kontrapunkt verinnerlicht hat, der ist frei genug, um sich auch im Jazz zurechtzufinden.”) mit seiner mitreißenden Liebe zur Musik und zu seinen Musikern, zur Show und zum Publikum verband.

Viele seiner Eigenkompositionen sind legendär – dem Quentin Tarantino-Filmerfolg “Kill Bill Vol. I” etwa verleiht erst Lasts “Einsamer Hirte” seine besondere Note. James Lasts erfolgreiche Klassik-Arrangements wurden hingegen gerne immer wieder als “Sakrileg” abgehandelt. Mit seinen “Classics up to date” hat er aber nicht nur Bach, Beethoven, Berlioz, Bartók und viele andere für weitere Publikumsschichten erst zugänglich gemacht. In seiner Überzeugung, “dass Jazz überall drinsteckt”, hat er der jeweiligen Vorlage, die er stets genauestens studierte, immer auch etwas entlockt, was schon in ihr steckte – und was in einem zu dieser Zeit sehr im trennenden Genre-Denken erstarrten Klassik-Betrieb eher abgedeckt wurde. Was auf der einen Seite Nikolaus Harnoncourt, John Eliot Gardiner und die vielen jungen Barock-Ensembles heutiger Zeit mittels historischer Aufführungspraxis der sog. “Alten Musik” gewissermaßen wieder zurückgaben und -geben, ihre improvisatorische Vitalität, ihre Wurzeln in der Tanz- und Unterhaltungsmusik, sprich: ihren Drive und ihren Swing, hat der Bach-Verehrer Last, der mit Bachs Inventionen einst die Aufnahmeprüfung zur Heeresmusikschule bestanden hatte, dieser Musik auf seine ganz eigene Weise abgelauscht. Da wird aus Bach, selbst ein fleißiger Arrangeur fremder und eigener Werke, mit Bass-Intro, wilden Keyboard-Passagen und fetten Brass-Einsätzen schon mal ein Rocker: Wer weiß, wie gefürchtet Johann Sebastian Bach als Orgel-Prüfer war, der ein Instrument gerne mal mit irrwitzigen Impro-Toccaten traktierte und wie sehr seine kompositorischen Kühnheiten, etwa in der “Chromatischen Fantasie”, seine Zeitgenossen herausforderten, kann sich beim Hören eines “upgeLasteten” Bach ein leises Lächeln nicht verkneifen. “Glauben Sie, Bach hätte sich im Grabe umgedreht? Er denkt nicht daran”, meinte schon 1921 Paul Hindemith, der selbst einen vierstimmigen Ragtime über eine Fuge aus dem “Wohltemperierten Clavier” geschrieben hatte: “Wenn Bach heute lebte, vielleicht hätte er den Shimmy erfunden oder zumindest in die anständige Musik aufgenommen.” Und wer weiß, was der mehrfach zum besten Jazz-Bassisten Deutschlands gewählte James Last wohl mit der swingenden daba-daba-Musik zu “Les Sauvages” (inkl. Drum-Intro!) von Jean-Philippe Rameau, dem Gründervater der Harmonielehre (“Basse fondamentale”) angestellt hätte?

Der Jazz war die Brücke zwischen allem und allen für den Komponisten, Bandleader und Musikproduzenten James Last, der für Caterina Valente, Freddy Quinn und Elvis Presley schrieb, der der Vielseitigkeit der Musik von Robert Stolz in seinen Klängen nachspürte, mit Udo Lindenberg befreundet war – und nicht nur in seinen unzähligen Volksmusik-Medleys eine tiefe Verbindung zu Ernst Mosch pflegte. “Up to date” hieß für den immer Neugierigen aber stets auch, der Jugend ihre “good vibes” abzulauschen: “They call me Hansi” heißt das Album, für das er 2004 mit Jan Delay, Herbert Grönemeyer und dem Rapper RZA zusammenarbeitete. Dass Musik keine Grenzen kennt und Menschen auf der ganzen Welt in Lebensfreude und Frieden zu verbinden vermag, war dem “Gentleman of Music” lebenslang Motto und Auftrag – und eine Botschaft, die er weltweit verbreitete, ob bei den legendären Auftritten in Londons Royal Albert Hall, in der ehemaligen DDR oder in der Sowjetunion. Mit seiner Musik hat James Last in unverkennbarer Handschrift Musikgeschichte nachgezeichnet, vermittelt – und mitgeschrieben. Ein Vermächtnis, das weit fortwirkt: He made the Music Last.

Text: Dr. Edda Güntert

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