Die BDB-Musikakademie zieht zum Jahresbeginn um in das neue Akademiegebäude am Ortseingang von Staufen. Dort stehen dem Bildungsprogramm künftig mehr als doppelt so viele Räume, beste akustische Bedingungen und eine hochmoderne Ausstattung zur Verfügung. Beste Voraussetzungen also für ein weiteres Aufblühen des Kursprogramms. Ob sich diese Erwartungen bereits im Eröffnungsjahr erfüllen, darüber gibt Akademieleiter Christoph Karle im Interview Auskunft.
blasmusik: Mit dem Umzug in das neue Akademiegebäude sind die Erwartungen an das Bildungsprogramm 2024 groß? Werden sie erfüllt?
Karle: Das hängt von den Erwartungen ab (lacht). Spaß beiseite, ich denke, dass die Neugier auf das neue Akademiegebäude und die Erwartungen an das neue Haus im Eröffnungsjahr im Vordergrund stehen werden. Und da verspreche ich nicht zu viel, wenn ich sage, die neue BDB-Musikakademie übertrifft alle Erwartungen. Ich habe noch die Worte unseres Ehrenpräsidenten Helmut Rau im Ohr, der bei der Feierstunde zum 25-jährigen Bestehen der Musikakademie, mit ehrlicher Freude die Entwicklungsschritte der BDB-Musikakademie aufgezeigt und betont hat, welche Meilensteine der Kauf des Schultze-Delitzsch-Hauses und die Erweiterung durch den Neubau 2006 für uns damals bedeuteten. „So haben wir angefangen und jetzt steht das neue Gebäude da und wartet darauf, bezogen zu werden – und das alles als Blasmusikverband. Das ist unglaublich!“ Das waren seine Worte und er hat ja recht. Ich muss mir manchmal selbst die Augen reiben und mich kneifen, um zu glauben, dass es wirklich wahr ist und wir jetzt mit diesem 24-Millionen-schweren Bauprojekt unseren Traum von einem modernen, zukunftsfähigen Bildungshaus für die ganze Amateurmusik wahrmachen.
blasmusik: In der „blasmusik“ war schon mehrfach zu lesen: Das neue Gebäude ist mehr als ein Bauwerk aus Stahl und Beton. Wie viele Ideen, Herzblut und Musik steckt da drin?
Karle: Im neuen Akademiegebäude steckt sehr viel Herzblut von allen Verantwortlichen drin. Die ganze Mitarbeiterschaft hat sich eingebracht, der Bauausschuss ständig gute Entscheidungen beraten und die Projektleitung hat stets den Überblick behalten. Gleichzeitig war es uns sehr wichtig, dass die neue BDB-Musikakademie kein nüchternes Verwaltungsgebäude wird. Die äußere Hülle mag dies zwar suggerieren – im Inneren erwartet die Gäste jedoch eine harmonisch-warme Innenwelt, die sie den Geist der Kultur atmen lässt und sie inspiriert. Dahinter steckt die feste Überzeugung, dass Bildung keine trockene Angelegenheit ist, sondern Emotionen, eine inspirierende Atmosphäre und Gemeinschaft braucht. Auch in die Entwicklung dieser inneren Einrichtung haben wir viele Gedanken, viel Zeit und Arbeit investiert. Insofern versteht es sich gleichsam von selbst, dass ein solches Projekt unheimlich viele personelle Ressourcen bindet, viel Kraft und Energie kostet – und das alles zusätzlich zum Tagesgeschäft. Es bleibt nicht aus, dass dabei manch anderes zu kurz kommt. Das war uns aber von vorne herein klar. Die Maxime war deshalb, zunächst den Übergang in das neue Gebäude erfolgreich zu gestalten und den Bildungsbetrieb in der neuen BDB-Musikakademie reibungslos zum Laufen bringen. Trotzdem braucht sich das neue Kursprogramm wahrlich nicht zu verstecken. Denn selbstverständlich ist es unser Anspruch, die Zukunft proaktiv zu gestalten, das Kursprogramm stetig weiterzuentwickeln und gerade im Eröffnungsjahr der neuen BDB-Musikakademie neue Formate zu präsentieren. Und ich spüre bereits jetzt, da das Akademiegebäude kurz vor der Fertigstellung steht, dass viele Ideen erwachen und gleichsam zu sprießen beginnen. Ich kann Ihnen versprechen, da wird in den nächsten Jahren noch einiges kommen …
blasmusik: Können Sie für das Kursprogramm 2024 etwas konkreter werden? Was bleibt, was verändert sich und was ist 2024 neu?
Karle: Viele unserer Kurse haben sich etabliert und werden Jahr für Jahr gerne gebucht. Ich denke dabei an den „Blechrausch“ – ein Intensivkurs für Blechblasinstrumente, der im Dezember 2023 über 90 Teilnehmende nach Staufen lockt. Genauso wie das „BigBandBootCamp“ wird sich auch der „Blechrausch“ zum viertägigen Festival mausern. Dann wird es auch hier Meisterkurse und Konzerte geben. Neue Wege schlagen wir auch bei den etablierten Festivals ein. So wird mit dem neuen künstlerischen Leiter Christoph Eß ein frischer Wind durch „Hornissimo“ wehen. Und das „Querwind“-Festival für Flöte erhält durch die Partnerschaft mit dem japanischen Flötenbauer Miyazawa ebenfalls eine exzellente Prägung. Gemeinsam mit Christian Bach von Miyazawa Europe werden die beiden künstlerischen Leiter Rudolf Döbler und Robert Pot „Querwind“ 2024 in einer intensiven Kooperation gemeinsam gestalten und mit einem Gala-Konzert und hochkarätigen Künstlerinnen und Künstlern zu einem Highlight in der Flötenszene machen. Wir freuen uns, dass auf diesem Wege herausragende Musizierende wie u. a. Mario Caroli, Marc Grauwels, Mihi Kim und Natalia Jarzabek in die neue Akademie kommen.
Auch Daniela Wahler ist es für „Saxophonia“ gelungen, mit Asya Fateyeva, Patrick Stadler, Karolina Strassmayer und Peter Weniger große Namen des Saxophons zu verpflichten. Und von Kilian Herold weiß ich, dass er versucht, eine Weltgröße zu gewinnen, deren Namen ich noch nicht verraten möchte. Es wird also eine spannende Festivalsaison werden.
Zumal wir auch zwei neue Festivals im Portfolio haben. Wir werden erstmals ein Dirigierfestival anbieten, das alle Dirigierenden vom Neuling bis zum Profi anspricht und nicht nur von der Einführung bis zum Meisterkurs die ganze Bandbreite anbietet. Vielmehr wird das Festival auch Themen wie Klassenmusizieren und andere methodischdidaktische Schwerpunkte setzen. Außerdem werden wir unser überfachliches Wochenende im November zum EMA-Festival (EMA = Ehrenamt-Management) ausbauen und hier mit dem fachlichen Input hochkarätiger Dozierender zu Themen des Vereinsmanagements eine wertvolle Plattform für Vernetzung und Austausch bieten. Und da alle Kulturvereine vor die gleichen Herausforderungen gestellt sind, ist das EMA-Festival auch für Chöre und alle Sparten der Amateurmusik eine gute Adresse, um Ehrenamtliche weiterzubilden, zu qualifizieren und für die aktuellen Herausforderungen zu stärken.
blasmusik: Das Selbstverständnis der neuen BDB-Musikakademie als Akademie für die ganze Amateurmusik wird viel beschworen, wird es – frech gefragt – auch gelebt?
Karle: Absolut, das ist alles andere als eine leere Worthülse und das spiegelt sich – wie an anderer Stelle in dieser Ausgabe zu lesen ist – auch in der akustischen Ausstattung der Säle und Räume wider, die es ermöglicht, dass die Orchester und Ensembles aller Sparten bei uns ideale Bedingungen für ihre Proben erhalten. Aber nicht nur: Auch im Kursprogramm wird sich das Selbstverständnis als Haus der Amateurmusik dokumentieren. Schon 2024 wird etwa der Bund Deutscher Zupfmusiker – parallel zu unserem Goldkurs – seinen Goldkurs für Zupfmusikerinnen und Zupfmusiker bei uns veranstalten, der Badische Chorverband lässt im kommenden Sommer bereits zum 2. Mal seine Chor-Jugend-Academy bei uns stattfinden und all das wird sich auch im Kursprogramm wiederfinden. Die Rubriken in unserem Kursprogramm gestalten wir dafür bewusst offen: Verbände, die bei uns ihre Fortbildungen anbieten, erhalten auch einen Platz in unserem Kursprogramm. Diese Offenheit ist für uns Programm und ich freue mich schon auf die Synergien und Cross-over-Projekte, die dabei entstehen, wenn diese unterschiedlichen Gruppen in der neuen Akademie zusammenkommen.
blasmusik: In der Pandemie hat die BDB-Musikakademie zur Unterstützung der Vereine die drei Programmlinien „music4beginners“, „ZukunFTVerein“ und „MusikRaumAkustik“ gegründet und Online-Kurse angeboten. Werden diese Online-Angebote auch nach dem Ende der Pandemie weitergeführt und im Kursprogramm sichtbar?
Karle: Ich hoffe sehr, und wir sind guter Dinge, dass wir die Programmlinien auch über das Jahresende hinaus weiterführen können. Der Erfolg unserer Initiativen ist dafür das beste Argument. Wir haben mit „music4beginners“ einen Nerv in der Gesellschaft getroffen und konnten sehen, dass viele Menschen gerade im fortgeschrittenen Alter das Bedürfnis nach einer aktiven Neuzeit mit Musikkultur und Gemeinschaft haben. „music4beginners“ bietet da einen niederschwelligen Einstieg und ermöglicht einen unkomplizierten Zugang zum Musizieren. Wir hoffen, dass die Verantwortlichen das auch so sehen und die Förderung für dieses Programm verstetigt. Die vielen Menschen, die in den vergangenen beiden Jahren mit dem Online-Format „music4beginners“ mit dem Instrumentalspiel begonnen haben, möchten wir nun mit einem neuen Format abholen. Der Kurs „ensemble4beginners“ bietet eine Mischung aus Einzel- und Gruppenunterricht sowie die Möglichkeit, in die Welt des Ensemblespiels einzutauchen. Wir möchten die Menschen mit diesem neuen Angebot aus ihrem stillen „Übekämmerlein“ locken und ihnen die Freude am gemeinsamen Musizieren vermitteln. Ich bin aber überzeugt, dass es die Online-Weiterbildungen als Ergänzung zur Präsenz trotzdem braucht. Wir haben festgestellt, dass sich viele Themen sehr gut online vermitteln lassen und viele Menschen inzwischen – wie auch der Erfolg unseres Partners Blasmusik.Digital beweist – die Möglichkeit schätzen, sich bequem von zu Hause aus, ohne großen Kosten- oder Zeitaufwand, weiterzubilden. Insofern werden wir nicht nur die beliebten Formate „Metafoor open“ und „Miyazawa basics“ weiterführen, sondern den Bereich der Online-Kurse weiter ausbauen. Auch dafür gibt es schon eine lange Ideenliste.
blasmusik: Sie haben viele neue Wege skizziert. Bekommt auch die Kursprogramm-Broschüre ein Update?
Karle: Für das Eröffnungsjahr wird die Broschüre auf jeden Fall ein neues Format erhalten – das macht der Anlass in meinen Augen einfach notwendig. Neben dem neuen Format wird sie auch neue, offene Rubriken haben. Gleichzeitig war es uns ein Anliegen, dass die Printausgabe des Kursprogramms den Bezug zur „Inneren Einrichtung“ des Gebäudes herstellt und die verschiedenen Musikwelten abbildet. Mehr will ich dazu aber noch nicht verraten … es soll noch ein bisschen spannend bleiben.